Betongold ist gefragt. 2,3 Milliarden Euro vertrauten die Kunden der Genossenschaftsbanken dem Hamburger Unternehmen an. Es ist zum größten Anbieter von Immobilien-Publikumsfonds geworden.

Hamburg. Reinhard Kutscher steckt gerade in intensiven Verhandlungen. Der Bestand an Hamburger Immobilien in seinen Fonds, an denen sich Sparer ab 50 Euro beteiligen können, soll weiterwachsen. „Gerade bereiten wir den Ankauf eines Einzelhandels- und eines Logistikobjekts vor“, sagt der Vorsitzende der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate in Hamburg im Gespräch mit dieser Zeitung. Einzelheiten will er noch nicht nennen, sie könnten das Geschäft gefährden. „Hamburg ist nach Paris unser zweitwichtigster Standort bei den Immobilien“, sagt Kutscher. Gebäude wie das Chilehaus oder das Mercado-Einkaufszentrum zeugen davon (siehe Tabelle). „Für Hamburg spricht eine gesunde Wirtschaftsstruktur mit unterschiedlichen Branchen wie Flugzeugbau, Handel, Hafen, Dienstleistungen und Tourismus“, sagt Kutscher. Das mache das Immobiliengeschäft hier sehr stabil. Allein seit 2009 wurden 780 Millionen Euro in der Hansestadt investiert.

Union Investment verfügt über einen stetigen Geldfluss der Kunden aus den Genossenschaftsbanken. 2013 war eines der wachstumsstärksten Jahre in der Firmengeschichte. Bereits seit 1965 sitzt das Unternehmen in Hamburg. 2,3 Milliarden Euro investierten Privatanleger im vergangenen Jahr in die offenen Immobilienfonds des Unternehmens. Das ist ein Zuwachs von 28 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Insgesamt werden 22,56 Milliarden Euro in Immobilienpublikumsfonds gemanagt. Das Geld ist weltweit in Büros, Einkaufszentren und Hotels investiert. Damit ist das Unternehmen zum größten Anbieter in diesem Bereich aufgestiegen und an Konkurrenten wie dem Sparkassen-Ableger Deka oder der Commerz Real (Commerzbank) vorbeigezogen. „Wir sind in den letzten zwei, drei Jahren stärker gewachsen als die Wettbewerber“, sagt Kutscher.

Die Branche ist zweigeteilt. Während die einen wachsen, werden elf offene Immobilienfonds abgewickelt. Bei diesen Fonds wollten infolge der Finanzkrise zu viele Anleger gleichzeitig aussteigen. Die Fonds wurden daher geschlossen, und über mehrere Jahre werden alle Immobilien verkauft und die Anleger ausgezahlt. Eine solche Krise kann sich jetzt kaum noch wiederholen. Seit Mitte des vergangenen Jahres gelten neue Regeln für die Anleger, die neu in einen offenen Immobilienfonds investieren. Sie kommen frühestens nach zwei Jahren wieder an ihr Geld. Das soll den Fondsgesellschaften mehr Planungssicherheit geben, denn Immobilien lassen sich nicht innerhalb weniger Tage verkaufen. Für Altanleger gelten diese Regeln nicht.

Obwohl Kutscher die neuen Anlagerichtlinien entschieden bekämpft hat und „einen Stillstand des Neugeschäfts“ befürchtete, kann er jetzt ganz gut damit leben. Zwar rechnet er nicht mehr mit einem jährlichen Geldfluss von 2,3 Milliarden Euro, aber so viel Geld könnte der 59-Jährige auch gar nicht investieren. „Das Angebot an Immobilien ist einfach nicht da“, sagt er. „Gegenwärtig verzeichnen wir einen Zufluss von fünf Millionen Euro täglich. Damit hat sich der Zufluss der Anlegergelder im Vergleich zur ersten Jahreshälfte 2013 etwa halbiert.“ Auch die hohe Liquidität der Fonds von bis zu 30 Prozent soll abgebaut werden, denn eine plötzliche Flucht der Anleger ist nicht mehr zu befürchten. Das dürfte auch die Wertentwicklung der Fonds verbessern, denn in Immobilien bringt das Geld der Anleger mehr Rendite. Aktuell liegt die Rendite zwischen 2,2 und 2,4 Prozent. Das ist etwa doppelt so viel wie der Branchendurchschnitt.

Im vergangenen Jahr kaufte Union Investment für 2,1 Milliarden Euro Immobilien für ihre Fonds an. Das Unternehmen ist einer der größten Immobilieninvestoren in Europa. Gut die Hälfte des Geldes wurde in Deutschland angelegt. „Wir beteiligen uns verstärkt an Projektentwicklungen“, sagt Kutscher. „Darauf entfallen schon 45 Prozent unserer Ankäufe.“ Das Unternehmen sichert sich damit die Immobilie schon bevor der erste Grundstein gelegt ist und zu günstigeren Konditionen als nach Fertigstellung. Ein Beispiel dafür ist das Einzelhandelsobjekt Kröpcke-Center in Hannover, das komplett umgebaut wird und danach Mieter wie Peek & Cloppenburg beherbergt.

Der Schwerpunkt der Ankäufe lag 2013 in den Immobilienmärkten Nordeuropas

Durch eine Projektentwicklung hat sich Union Investment auch eine Topimmobilie in Amsterdam gesichert: das Hauptquartier des Farben- und Chemikalienherstellers Akzo Nobel, das erst 2015 bezogen wird. Der Schwerpunkt der Ankäufe lag 2013 in den stabilen Immobilienmärkten Nordeuropas.

„Die Preise für angekaufte Objekte sind in den vergangenen Jahren gestiegen, aber sie sind nicht höher als 2005. Angesichts der niedrigen Zinsen und der steigenden Nachfrage erwarte ich einen weiteren Preisanstieg im oberen Marktsegment“, sagt Kutscher. Künftig will das Hamburger Immobilienunternehmen auch stärker außerhalb Europas investieren. Bis zum Jahr 2016 soll eine Milliarde Euro in Immobilien in den USA fließen.

Union Investment ist einer der aktivsten Hotelinvestoren. Vor allen in Hamburg hat das eine große Bedeutung. Mit 20 Prozent ist der Hotelanteil unter den Immobilien hier doppelt so groß wie im Bundesdurchschnitt. Union Investment verfügt in der Hansestadt über sechs Hotels mit ganz unterschiedlichen Ausrichtungen vom Steigenberger bis zum Motel One in der Neustadt. „Der Hotelstandort Hamburg ist für uns besonders interessant“, sagt Kutscher und kann sich weitere Zukäufe vorstellen. „Die Zahlen, die wir aus den Hamburger Hotels bekommen, zeigen, dass Auslastung und Übernachtungspreise steigen.“ Hamburg profitiere anders als etwa Frankfurt von der guten Mischung aus Touristen und Geschäftskunden.

Alle internationale Aktivitäten von Union Investment werden von Hamburg aus gesteuert. „Die Stadt hat für ein Immobilienunternehmen wie unseres viele Standortvorteile“, sagt Kutscher. Zwar sei es auch hier schwierig, Fachleute für das internationale Immobiliengeschäft zu finden, aber in Frankfurt konkurrierten wesentlich mehr Firmen um das knappe Personal. Außerdem seien auch die Kosten für Büros in der Hansestadt günstiger. „Nur die Interkontinentalverbindungen des Flughafens könnten noch ausgebaut werden“, sagt Kutscher.

„Wir haben zwar in den vergangenen Jahren in einigen Bereichen aus Effizienzgründen Personal abgebaut, unterm Strich ist aber die Beschäftigtenzahl in Hamburg gewachsen“, sagt Kutscher. Knapp 400 Beschäftigte arbeiten für das Unternehmen. In den vergangenen fünf Jahren ist die Belegschaft um knapp ein Drittel gewachsen. Allein 2013 sind elf Stellen dazugekommen.