Der Rechnungshof prüft die Vergabepraxis der Stadt und stellt fest: Es gibt kaum Vorgaben und kaum Kontrollen, aber personelle Verflechtungen.

Hamburg. Rund eine Milliarde Euro vergibt die Stadt Hamburg jährlich an Zuwendungen, das ist knapp ein Zehntel ihres Etats. Empfänger waren laut dem letzten Zuwendungsbericht des Senats große Unternehmen wie die Hochbahn (218 Millionen) oder die Staatsoper (48 Millionen), bekannte Einrichtungen wie die Diakonie (7,3Millionen) oder die Arbeiterwohlfahrt (1,7), aber auch Dutzende mehr oder weniger unbekannte Vereine, die Aufgaben für die Stadt wahrnehmen.

Diesen Zuwendungsbereich hat nun der Landesrechnungshof untersucht und in seinem Jahresbericht Erstaunliches dokumentiert. So haben die Prüfer im Rahmen einer repräsentativen Stichprobe festgestellt, dass in 70 Prozent der Zuwendungsfälle die Ausgangslage nicht oder nur mangelhaft beschrieben wurde. Und: „Lediglich in 30 Prozent der geprüften Fälle wurde am Ende eine Erfolgskontrolle durchgeführt“, so Rechnungshof-Direktor Philipp Häfner. Das verwundert insofern nicht, als dass in 63 Prozent der untersuchten Fälle gar nicht erst konkret bestimmt wurde, wofür das Geld der Stadt ausgegeben werden soll. „Dann kann am Ende auch die Kontrolle nicht funktionieren“, so Häfner.

Den bemerkenswertesten Fall spürten die Prüfer im Bezirksamt Eimsbüttel auf, das in Hamburg zentral für die Jugendgerichtshilfe (JGH) zuständig ist. Die JGH führt die meisten Aufgaben wie Sozialtraining oder Täter-Opfer-Ausgleich nicht selbst durch, sondern vergibt sie an Freie Träger, in der Regel Vereine. Im „Fachamt Straffälligen und Gerichtshilfe“ des Bezirks Eimsbüttel waren 24 Angestellte in den Jahren 2006 bis 2013 gleichzeitig nebenbei für drei der größten Zuwendungsempfänger in diesem Bereich tätig. Allein diese drei Vereine erhielten jährlich rund 800.000 Euro. „Die Vorstände zweier Vereine waren vollständig mit Bediensteten der JGH besetzt“, heißt es im Rechnungshofbericht.

Das führte mitunter zu absurden Situationen: So reichte ein Vereinsvorstand bei der Jugendgerichtshilfe eine Rechnung über 26.000 Euro ein, und sein Kollege – im Verein wie in der Behörde – zeichnete sie als „sachlich richtig“ ab. In einem anderen Fall gewährte das Bezirksamt zwei Vereinen Zuwendungen für den Kauf von Kleinbussen, obwohl es den Bedarf gar nicht überprüft hatte. Und daran, dass die Rechnung für einen Bus auf einen dritten Verein ausgestellt war, nahm man in der Behörde auch keinen Anstoß – sie passte „den Zuwendungszweck an die von den Vereinen geschaffenen Tatsachen an“, stellte der Rechnungshof fest.

„Derartige Doppelfunktionen sind schlicht unzulässig“, sagte Rechnungshof-Präsident Stefan Schulz. Seine Behörde, die über die ordnungsgemäße und sparsame Verwendung des städtischen Geldes wacht, habe das Bezirksamt daher aufgefordert, diese Praxis zu unterbinden. Immerhin: Anhaltspunkte dafür, dass zum Nachteil der Stadt gehandelt oder „in die eigene Tasche gewirtschaftet“ wurde, habe man nicht, so Rechnungshof-Vizepräsident Michael Otto-Abeken.

Das Bezirksamt hatte gegenüber dem Rechnungshof dargestellt, dass es bei Freien Trägern kaum Interesse gebe, Aufgaben der Jugendgerichtshilfe durchzuführen, daher hätten Behördenmitarbeiter „zwangsläufig“ selbst Vereine gründen müssen. Diese Nebentätigkeiten seien also im Interesse der Stadt, daher liege keine Interessenkollision vor. Obwohl man die Kritik des Rechnungshofs nicht teilt und sogar Nachteile für die Stadt befürchtet, hat die Eimsbütteler Behörde zugesagt, die Zustände zu ändern. Erste Maßnahmen wurden bereits eingeleitet. So seien für bezahlte Nebentätigkeiten Genehmigungen widerrufen worden, und neue Anträge von Beschäftigten würden nicht bewilligt, teilte das Bezirksamt mit. Auch wolle man künftig „ausschließen, dass Abschnittsleiter Entscheidungen in Doppelfunktion treffen“.

Im Bericht des Rechnungshofs wird ferner bemängelt, dass das Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE) nicht nachweisen könne, dass die 100Millionen Euro Zuwendung der Stadt auch wirklich nur für Forschung und Lehre verwendet werden. Der Nachweis des UKE sei „mangelhaft“, heißt es. „Es besteht die Gefahr, dass Mittel zweckwidrig in den wirtschaftlichen Krankenhausbetrieb fließen.“

Kritisiert wird auch die Finanzierung der Hafenbehörde HPA. Diese habe 2013 „hafenfremde Leistungen“ im Umfang von 22 Millionen Euro erbracht – unter anderem 100.000 Euro für den Hafengeburtstag –, obwohl ihr nur 17,5 Millionen zur Verfügung standen. Der Senat habe Besserung gelobt.