Ensemble aus sieben Häusern sollte das Vorzeigeprojekt der Internationalen Bauausstellung werden. Dann kam die Pleite der Alpine Bau. Nun ruht die Baustelle.

Hamburg. Düster sieht es für ein Projekt der insolventen Alpine Bau Deutschland AG aus, das zu den Vorzeigeprojekten der diesjährigen Internationalen Bauausstellung (IBA) gehören sollte: die Marina auf der Schlossinsel in Harburg. Der aus sieben Gebäuden im Harburger Binnenhafen bestehende Komplex sollte eigentlich zur IBA-Eröffnung am 23. März fertiggestellt sein. Nun ruht die Baustelle – und das Gebäude ist gerade mal zu 85 Prozent fertig. Die Außenanlagen sind sogar nur zur Hälfte fertiggestellt.

Zu Jahresbeginn waren erste Wohnungsmieter und Eigentümer in einen bereits bezugsfertigen Abschnitt gezogen. Andere hatten sich auf ihren bevorstehenden Einzugstermin gefreut, hatten ihre alten Wohnungen gekündigt, konnten dann aber nicht in den unvollendeten Neubau einziehen und mussten in zumeist teure Übergangsquartiere ausweichen. Das sorgte bei vielen für großen Ärger.

Auch Unternehmensberaterin Corinna Pommerening, die zu Jahresbeginn als erste Mieterin von Projektentwickler Frank Lorenz begrüßt worden war, ist nicht glücklich in der Marina auf der Schlossinsel: „Hier gibt es noch immer nicht das ‚exzellente Wohnen‘, das uns versprochen wurde. Ich blicke auf Gerüste, die Tiefgarage ist noch nicht zu benutzen, seit Monaten laufe ich durch Baumaterial. Von der Hausverwaltung sind wir immer wieder beruhigt worden. Nun suche ich nach einer anderen Wohnung.“

Das aus den Häusern „Ocean“, „Sun“, „Marine“, „Beach“, „Sky“, „Park“ und dem Turm „Pearl“ bestehende Ensemble zählt insgesamt 162 Wohneinheiten, von denen gut 40 Prozent bereits verkauft oder vermietet sein sollen. Projektentwickler Frank Lorenz bestätigt lediglich, dass der Gebäudekomplex zu 85 Prozent und die Außenanlagen zu 50 Prozent fertiggestellt sind. Lorenz: „Zum aktuellen Geschehen kann ich nichts sagen.“

Für Auskünfte ist der Bauherr und Eigentümer der Marina auf der Schlossinsel, die Projektgesellschaft des Versicherungsunternehmens Provinzial Rheinland, zuständig. Gut 70 Millionen Euro hat das Unternehmen in den Bau am Wasser investiert, um aus Wohnungsverkäufen und Vermietungen Kapitalgewinne für seine Versicherten zu erzielen. Auch das Unternehmen hält sich gegenüber dem Abendblatt sehr bedeckt mit Äußerungen zum Verhandlungsstand mit dem Insolvenzverwalter.

Jan-Ole Behrens, bei der Provinzial Rheinland Geschäftsführer der Projektgesellschaften, sagt nur: „Das Insolvenzverfahren der Alpine hat uns zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt getroffen. Das Projekt befindet sich bereits auf der Zielgeraden. Wir sind von der Entwicklung sehr betroffen. Wir werden alles dafür tun, damit das Bauvorhaben zügig zum Abschluss gebracht wird. Wir befinden uns in intensiver Abstimmung mit den Projektbeteiligten, zudem haben wir Kontakt zu Mietern und Eigentümern aufgenommen, um pragmatische Lösungen zu finden.“ Die Versicherung Provinzial Rheinland finanziert das Bauvorhaben und bleibt Eigentümerin bis zum Verkauf der Eigentums- und Mietwohnungen.

„Strukturwandel ist auf jeden Fall eingeleitet“

Noch bis Ende 2012 hatte der Bau voll im Zeitplan gelegen und Projektentwickler Frank Lorenz hatte die ersten Bewohner begrüßt. Dann jedoch waren schon zu Jahresbeginn erste Schwierigkeiten beim Baukonzern Alpine erkennbar geworden. Und schon bald war klar, dass das Bauprojekt Marina auf der Schlossinsel als Förder- und Vorzeigeprojekt der diesjährigen Internationalen Bauausstellung (IBA) nicht termingerecht zur Eröffnung am 23. März fertiggestellt werden könnte.

Die Harburger IBA-Projektleiterin Karen Pein bedauert die Pleite des Alpine Baukonzerns und die daraus resultierenden Bauverzögerungen. Pein sieht durch die Insolvenz des Alpine-Konzerns aber auch keine finanziellen Probleme auf die Stadt zukommen. Hamburg finanziere zwar die IBA, aber nicht die einzelnen Bauprojekte der Ausstellung.

Karen Pein sagt: „Gefördert werden unter anderem energetische Standards sowie die Öffnung des neuen Wohnquartiers für die Öffentlichkeit. Dazu gehören die Wege zum Wasser oder auch die Steganlagen. Der Strukturwandel für die Schlossinsel ist auf jeden Fall eingeleitet.“

Ob ein einzelnes Bauprojekt drei Monate früher oder später fertig werde, das spiele ihrer Meinung nach am Ende „keine Rolle“: „Bei Besichtigungen auf der Schlossinsel stellen wir bei Besuchergruppen großes Interesse fest, auch wenn noch nicht alles fertiggestellt ist.“

Die Schlossinsel gehörte bis 2010 zum Hafengebiet. Der Hamburger Bezirk Harburg übernahm kurz danach die Verwaltung des Areals von der Hamburg Port Authority (HPA). Schon 2002 hatte Hamburgs damaliger Bürgermeister, Christdemokrat Ole von Beust, dem Bezirk Harburg die städtebauliche Nutzung der Harburger Schlossinsel zugesagt.

Aktuell wirkt der gesamte Anblick der Wohnanlage recht traurig. Schilder und Baucontainer mit Alpine-Aufschrift sind noch zu sehen, aber eben keine Handwerker, die die Baustelle mit ihrer Arbeit voranbringen. Ohne Bewohner und ohne Kinder wirkt auch ein toll ausgestatteter Kinderspielplatz in der Parkanlage beim Schloss trostlos.

Eigentlich wollte die Kita Elbpiraten in den Marina-Bau einziehen – und zwar zum 15. Juli. Geschäftsführer Olaf Rohmann sagt zu den gescheiterten Plänen: „Das ist sehr ärgerlich, weil wir bereits zehn Verträge mit Eltern abgeschlossen hatten. Es schadet auch unserem Ruf als Kita, wenn wir die Verträge nicht einhalten können.“

Die Kita Elbpiraten zieht nun in das Bauprojekt „Wohnen am Hafencampus“, das Anfang 2014 an der Ecke Schellerdamm/Theodor-York-Straße in Harburg fertiggestellt werden soll. Auch der Gastronomie-Betreiber Café Vero aus Pinneberg weist mit einem Schild auf seinen Einzug in den Marina-Bau hin. Nur war der bereits für Februar geplant.