Der Hamburger Weltmarktführer für Pipetten wächst vor allem in Asien. Zentrale in Hummelsbüttel wird erweitert, Personal aufgestockt.

Hamburg. Bauarbeiter werkeln direkt hinter der Zentrale des Hamburger Medizingeräteherstellers Eppendorf in Hummelsbüttel. "Wir erweitern unsere Fläche um einen viergeschossigen Bau für Labore und Büros", sagt Eppendorf-Chef Dirk Ehlers dem Abendblatt. "Zwei Geschosse werden wir aber erst einmal geschlossen lassen. Wir planen für unsere Zukunft in Hamburg mit weiteren Mitarbeitern."

Tatsächlich will Eppendorf in diesem Jahr in der Hansestadt mehr als 50 neue Beschäftigte einstellen - das sind deutlich mehr, als wegen Fluktuation ersetzt werden müssen. Unter anderem werden derzeit Marketingexperten gesucht, Zerspannungsmechaniker für die Herstellung der Geräte des Unternehmens und naturwissenschaftliche Fachkräfte für die Telefonberatung der Kunden. Ein neues Produktionsgebäude wird auch am Standort Oldenburg in Schleswig-Holstein errichtet. Dort produziert Eppendorf Kunststoffeinwegartikel für seine Geräte.

Mit dem 1945 von Heinrich Netheler und Hans Hinz auf dem Gelände des Krankenhauses in Eppendorf gegründeten Unternehmen beherbergt die Hansestadt einen Weltmarktführer. Kein anderer Wettbewerber verkauft im Jahr so viele Pipetten wie die Hamburger. Zwar ist der Umsatz 2011 um 1,3 Prozent auf 478 Millionen Euro zurückgegangen, doch das beruht auf Wechselkurseffekten und dem Verkauf einer kleinen Beteiligung in den USA. Neben Pipetten produziert und vertreibt die Firma als Zulieferer für Labore weltweit unter anderem Zentrifugen oder auch Bioreaktoren, in denen gezielt Zellen oder Bakterien vermehrt werden. "Wir sind 2011 organisch um 4,6 Prozent und damit schneller als unser Gesamtmarkt gewachsen", so Ehlers. Der Jahresüberschuss ist um 4,4 Prozent auf 62 Millionen Euro gestiegen.

Einbußen bei der Ausstattung staatlich finanzierter Forschungslabors in den USA und Teilen Europas konnten durch das Asiengeschäft und die Erschließung neuer Geschäftsfelder überkompensiert werden. So beliefert das Unternehmen inzwischen auch große Agrar- und Lebensmittelkonzerne mit Pipetten, Zentrifugen, Mischern oder Spektrometern für die Entwicklung oder Qualitätskontrolle.

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Unter anderem für die pharmazeutische oder chemische Industrie liefern die Hamburger biologische Schüttler und Bioreaktoren, in denen Zellkulturen gezüchtet oder Stoffe mit Fermentationsprozessen hergestellt werden. Zum Tragen kommt dies zum Beispiel bei der Entwicklung und Herstellung von Impfstoffen, Krebsmedikamenten oder auch Antibiotika. Es können so biologisch wirksame Stoffe geschaffen werden, die sich auf chemischem Wege nur schwer produzieren lassen. Im Bereich der Bioreaktoren sind die Hamburger inzwischen weltweit Nummer zwei, nachdem sie 2007 zunächst das US-Unternehmen New Brunswick übernahmen - einen Spezialisten auf diesem Gebiet. Mit der im Januar 2012 erfolgten Übernahme des Jülicher Herstellers Dasgip, dem führenden Anbieter von parallel gesteuerten Bioreaktoren, wurde der Bereich weiter gestärkt.

Während der deutsche Markt weniger als zehn Prozent zum Umsatz des Unternehmens beiträgt, sind die USA noch immer der bei Weitem größte Einzelmarkt für Forschungslabors der sogenannten Lebenswissenschaften. Im vergangenen Jahr wurden 37 Prozent der Konzernerlöse in Amerika erzielt. In Europa waren es noch 39 Prozent. Freude macht Ehlers vor allem der aufstrebende asiatische Markt mit 24 Prozent Anteil am Geschäft. "In unserem Kerngeschäft haben wir in Asien sogar einen Anteil von 30 Prozent", sagt er.

Auch heute ist Eppendorf noch im Besitz der beiden Gründerfamilien. Ein Börsengang kommt laut Ehlers derzeit nicht infrage. In Hamburg beschäftigt das Unternehmen 630 Mitarbeiter. Weltweit sind es 2600 Beschäftigte. "Wir halten Hamburg die Treue", sagt Ehlers, ein promovierter Physiker. "Unter Wissenschaftlern sind wir weltweit bekannt, aber hier in der Stadt wollen und müssen wir uns immer wieder als attraktiven Arbeitgeber präsentieren." Auch wohl deshalb ist Eppendorf schon vor vier Jahren eine Kooperation mit der Kinderwelt Hamburg eingegangen und hält auf dem eigenen Gelände Kita-Plätze für 30 Kinder bereit.