Beim Festakt der Loki-Schmidt-Schule bespaßte der Altkanzler die Kinder. Seine verstorbene Frau hatte in der Schule unterrichtet.

Othmarschen. Dass Hamburg seit Freitag eine Loki-Schmidt-Schule besitzt, ist schon mal eine längere Nachricht wert. Schließlich hat die verstorbene Frau des Altkanzlers in der Schule Othmarscher Kirchenweg von 1949 bis 1962 insgesamt 13 Jahre lang unterrichtet, während ihr Mann Helmut, frisch diplomierter Volkswirt, zur gleichen Zeit in der von Karl Schiller geleiteten Behörde für Wirtschaft und Verkehr der Freien und Hansestadt Hamburg den Grundstein für seine politische Karriere legte, die erst am 1. Oktober 1982 durch ein konstruktives Misstrauensvotum im Bundestag endete, im Zuge dessen die Ära Kohl eingeläutet wurde.

Aber wann hat man den jetzigen Herausgeber der Wochenzeitung "Die Zeit" zum letzten Mal so locker und gelöst gesehen wie kurz vorm Beginn des Festaktes? So albern? Oder besser: Wann hat man den 93 Jahre alten Helmut Schmidt überhaupt jemals so in der Öffentlichkeit gesehen? Und dann auch ohne Zigarette!

+++ Der glückliche Herr Schmidt +++

Es waren einzig und allein die wartenden, etwas ungeduldigen und daher unruhigen Grundschulkinder, die den üblicherweise grantelnd und knorrig wirkenden Altkanzler ebenso offensichtlich wie auch überraschend dazu animiert haben müssen, sich ganz und gar nicht staatsmännisch zu gebärden. Und jeder, der Zeuge dieses ungewöhnlichen Auftritts gewesen ist, schwört, dass die Initiative von Helmut Schmidt selbst ausgegangen sei: Ausgerechnet er habe plötzlich damit angefangen, Grimassen zu schneiden, Hasenohren und vor allem lange Nasen zu machen. Was selbstverständlich von seinem jugendlichen Publikum begeistert erwidert wurde - bis der Festakt begann ...

Dabei sah es anfangs gar nicht nach einem gut gelaunten, vielleicht sogar glücklichen Helmut Schmidt aus, der gemeinsam mit seiner Tochter Susanne in der Schule Othmarscher Kirchenweg erschienen war, um der feierlichen Namensgebung beizuwohnen. Die zahlreich anwesenden Presservertreter hatten sich sofort auf den Altkanzler gestürzt, doch der wurde von Sicherheitsbeamten hermetisch abgeschirmt. Schmidt hatte zudem kein einziges Wort gesagt, so sehr er auch zu einem Statement, seine neue Beziehung zur 79 Jahre alten Ruth Loah betreffend, gedrängt wurde.

Das Reden überließ er an diesem Tag anderen: So befragten die Kinder während des einstündigen Festaktes ehemalige Schüler von Loki Schmidt auf der Bühne nach ihren Erfahrungen mit der offenbar ausgesprochen beliebten Lehrerin. "Sie hatte eine natürliche Autorität und Zuneigung, das war es, was Loki Schmidt ausgezeichnet hat", sagte Reiner Lehberger, einer ihrer literarischen Weggefährten, der später selbst Pädagoge wurde. Oft seien die Kinder von ihr geknuddelt worden, "aber sie konnte auch streng sein, wenn es sein musste."

Außerdem zeigten die Kinder in einem Videofilm, wie sie auf Loki Schmidts Spuren das Tierleben in einem Teich untersuchen und den Botanischen Garten in Hamburg entdecken. In einem kurzen Theaterstück ging es schließlich auch noch um den "Regenbogenfisch", der lernen muss zu teilen. Es war die Integration von Kindern mit Förderbedarf, die Loki Schmidt als Lehrerin immer ein besonderes Anliegen gewesen war und daher schon seit Jahrzehnten ein pädagogischer Schwerpunkt der Othmarscher Grundschule ist. Und auch ihr besonderer Bezug zur Natur, die Loki Schmidt so sehr am Herzen lag, ist in das Schulprofil aufgenommen worden.

"Meine Mutter hätte sich sehr gefreut, wenn sie diese Ehrung noch miterlebt hätte. Sie arbeitete mit unglaublicher Begeisterung als Lehrerin", sagte Schmidts Tochter Susanne, 65, die ebenfalls diese Grundschule besucht hatte und sogar von ihrer Mutter in Handarbeit unterrichtet worden war. "Wenn man das als Tochter nicht so toll fand, hatte man Pech gehabt", meinte sie scherzhaft. Und sie berichtete davon, wie ihre Mutter einmal zu ihr gesagt hatte: "Das hast du toll gemacht, und eigentlich hast du dafür eine Eins verdient. Aber das kann ich nicht machen, das verstehst du doch. Sonst denken die Leute, ich würde dich bevorzugen."