In einem Spezialcontainer machte sich das Walrosskind Neseyka auf den Weg nach Hamburg. Die zutrauliche Robbe hat eine Mission.

Hamburg. Verletzt gestrandet - so fanden Fischer in Russland vor zwei Jahren an einem Strand das Walrosskind Neseyka. Sie päppelten es in ihrem Dorf auf und brachten es in einen Zoo. Dort wuchs die junge Dame zu einem stattlichen Tier heran, das im Juni dieses Jahres 550 Kilogramm auf den Rippen hatte - wie eine Flughafenwaage ermittelte. Denn Neseyka, so der Name der großen Robbe, ging in einem Spezialcontainer in die Luft, um nach Frankfurt zu fliegen und von dort per Lastwagen nach Hamburg zu kommen. Ihre Mission: einer der Stars der neuen Eismeer-Landschaft zu werden. Und endlich die Hamburger über den Verlust ihrer Antje, des vor neun Jahren gestorbenen NDR-Maskottchens und Hagenbeck-Originals, hinwegzutrösten.

Gemeinsamkeiten zwischen der alten und der neuen Walrossdame seien schon jetzt offensichtlich, sagt Revierleiter Dirk Stutzki: "Der eigene Kopf!" Neseyka sei in dem russischen Tierpark Ischewsk sehr gut von den Tierpflegern trainiert worden. "Da möchte sie auch hier regelmäßig beschäftigt werden", verrät Stutzki. Kümmere er sich etwa bei den Fütterungen zu lange um Neseykas Mitbewohner, die Kegelrobben Zefir und Szara, werde dem Walross schnell langweilig. Und dann gibt es auch schon einmal einen auffordernden Stups für Stutzki. Bei einem Tier von drei Meter Länge ist das ein anderer Schnack, als wenn Dackel Fiete nach einem Leckerli bettelt... Dickschädel Antje sei da recht ähnlich gewesen.

Generell sei Neseyka aber sehr zutraulich, er käme gut mir ihr klar, sagt Stutzki. Nur beim Alter des Walrosses ist er sich nicht ganz sicher: "Die Kollegen in Russland haben sie auf drei bis vier Jahre geschätzt. Ich glaube aber, dass sie ein oder zwei Jahre älter sein könnte." Bei einer Lebenserwartung von etwa 40 Jahren fällt dieser Unterschied nicht allzu sehr ins Gewicht. Letzteres könnte Neseyka aber noch um 100 bis 200 Kilogramm steigern.

Das Walross, wissenschaftlich Odobenus rosmarus, kommt in zwei Unterarten in den kühlen Meeren der Nordhalbkugel vor: Neseyka ist ein Atlantisches Walross, das etwas kleiner bleibt als die Pazifischen Walrosse. Der Name Walross stammt wahrscheinlich vom altnordischen "hrossvair" ab und bedeutete ursprünglich Pferdewal. In germanischen Dialekten wurde das Wort zu Walross.

Beeindruckend ist es mit seiner Größe, den bis zu einem Meter langen Stoßzähnen (die sich Neseyka im russischen Zoo leider abgescheuert hat), der mehreren Zentimeter dicken Haut- und Fettschicht und dem aus rund 450 Tasthaaren bestehenden Borstenbart nicht nur für Menschen. "Unsere Kegelrobben hatten am Anfang ordentlich Respekt vor Neseyka - und gingen die ersten Tage im Graben des Beckens in Deckung, wenn sie neugierig näher kam", sagt Stutzki. In den zwei Monaten des Zusammenlebens hätten sich die Tiere jedoch aneinander gewöhnt und zeigten jetzt sogar ein neckisches Spiel.

Das soll in Zukunft auch zwischen Neseyka und einem männlichen Walross zu beobachten sein, so der Wunsch des Tierparks: Neseyka soll möglichst bald Gesellschaft bekommen, und die ganz große Hoffnung liegt auf einer Walross-Zucht in Hamburg. Doch bis passende potenzielle Partner gefunden sind, muss die anspruchsvolle Dame anderweitig in dem 2,3 Millionen Liter Wasser fassenden, bis 7,20 Meter tiefen Becken beschäftigt werden. Und so ist eine Unterwasserfütterung geplant: Über eine Rutsche gelangen Weichtiere wie Tintenfisch oder Muscheln unter eine durchlöcherte Platte am Beckengrund, von wo aus Neseyka das Futter ansaugen kann - wie sie es mit ihrer Beute auch in freier Wildbahn macht. "Wir müssen ihr nur noch beibringen, wo sie suchen muss", sagt Stutzki.

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