Viele ziehen Konsequenz aus der Preiserhöhung von Vattenfall. Der städtische Versorger Hamburg Energie meldet schon 10.000 Neukunden.

Hamburg. Die geplante Strompreiserhöhung von Vattenfall zu Jahresbeginn treibt in Hamburg offenbar Tausende Kunden zum Anbieterwechsel. Einer der größten Profiteure ist der städtische Versorger Hamburg Energie, der in der Hansestadt nicht nur zu den günstigen Anbietern zählt, sondern zudem auch auf Ökostrom setzt. "Wir haben seit der Ankündigung von Vattenfall Mitte November 10.000 neue Kunden gewonnen. Dies sind gut fünfmal mehr als in einem durchschnittlichen Monat", sagte Bassam Darwisch, Leiter Vertrieb und Marketing, dem Abendblatt. "Der überwiegende Teil der Neukunden kommt von Vattenfall."

Auch der Hamburger Ökostromanbieter Lichtblick konnte seit der Ankündigung vor drei Wochen 2500 Kunden von Vattenfall gewinnen, davon 800 aus Hamburg und weitere 1700 aus Berlin, sagte Lichtblick-Sprecher Ralph Kampwirth. Die Zahl privater Stromkunden stieg damit bei Lichtblick bundesweit auf 497.000. Greenpeace Energy verzeichnet ebenfalls eine "generelle Wechselstimmung" zu Ökostrom, sagte Sprecherin Kirsten Brodde. "Nach Fukushima und dem geplanten Ausstieg aus der Atomkraft wollen viele Bürger an der Energiewende aktiv mitwirken."

Vattenfall wollte die Abgänge gestern nicht bestätigen. Kündigungsprozesse dauerten bis zu sechs Wochen, sagte Vattenfall-Sprecher Stefan Kleimeier: "Es gibt keine Indizien dafür, dass es größere Kundenbewegungen weg von Vattenfall gibt." Der Konzern versorge in Hamburg vier von fünf der 1,1 Millionen Haushalte.

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Neben dem ökologischen Aspekt spielt bei dem Anbieterwechsel der Preis die entscheidende Rolle. Hamburg Energie zählt zu den drei günstigsten Anbietern in der Hansestadt. So zahlt eine Familie mit einem Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden bei Hamburg Energie (Tarif: Tor zur Welt) 910,28 Euro. Bei Vattenfall kostet diese Menge nach der rund siebenprozentigen Preiserhöhung ab Januar 991,60 Euro im Onlinetarif (Hamburg Easy) - und damit 81,32 Euro mehr als bei dem städtischen Anbieter. Bei Lichtblick werden 1053 Euro und bei Greenpeace Energy 1098,80 Euro fällig. Seine Tarife will Hamburg Energie bis Ende 2012 nicht erhöhen und gibt dafür sogar eine Preisgarantie. "Wegen gesunkener Beschaffungspreise können wir unsere Preise stabil halten", sagte Vertriebsleiter Darwisch.

Hamburg Energie wurde erst im Herbst 2009 - unter dem damals schwarz-grünen Senat - als Tochter der Hamburger Wasserwerke gegründet. Seitdem verfügt Hamburg wieder über einen eigenen regionalen Energieversorger, der zu 100 Prozent in städtischer Hand ist und aktuell 25 Mitarbeiter beschäftigt.

Das Unternehmen beliefert 53.000 Haushalte in Hamburg und der näheren Umgebung mit Strom aus Wasserkraftwerken in Österreich und Norwegen sowie aus Windkraftanlagen in der Region Hamburg. Bewusst wird auf Strom aus Kohle- und Atomkraft verzichtet. Bis Ende 2012 soll die Kundenzahl auf 76.000 steigen. "Im nächsten Jahr wollen wir erstmals schwarze Zahlen schreiben", sagt Darwisch. Für den Vertriebschef ist der Kundenzuwachs ein großer Erfolg: "Es zeigt, dass auch kommunale Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich arbeiten können."