Städtischer Stromanbieter gewinnt 10 000 Neukunden

Hamburg. Wer in diesen Tagen zu dem Stromanbieter Hamburg Energie wechseln will, muss Geduld mitbringen. Die Mitarbeiter im Callcenter des städtischen Unternehmens erleben eine wahre Anrufwelle. Mehrere Minuten Wartezeit sind durchaus die Regel. "Aufgrund der starken Nachfrage kann es telefonisch derzeit zu längeren Wartezeiten kommen", weist das Tochterunternehmen von Hamburg Wasser sogar auf seiner Internetseite hin.

Auslöser für die starke Kundennachfrage ist die Ankündigung des Marktführers Vattenfall vom 17. November, der zum Jahreswechsel seine Strompreise um rund sieben Prozent anheben will. "Derzeit kommen erstmals viele Vattenfall-Kunden zu uns, die zuvor noch niemals ihren Anbieter gewechselt haben", so Hamburg-Energie-Vertriebsleiter Bassam Darwisch.

Den letzten großen Kundenansturm erlebte Hamburg Energie bei dem Atomunfall im japanische Fukushima. "Damals verdreifachte sich vorübergehend die Zahl der Neukunden", sagt Darwisch. Doch diesmal habe sich die Zahl innerhalb von drei Wochen auf 10 000 sogar verfünffacht.

Hamburg Energie führt die große Nachfrage nicht nur auf seine vergleichsweise günstigen Tarife zurück, die bis zum Ende nächsten Jahres "garantiert" stabil bleiben sollen. Auch das Konzept des regionalen Anbieters, der ausschließlich Strom aus regenerativer Energie liefert, überzeugt offenbar. Bis 2012 will Hamburg Energie seine Kundenzahl auf 76 000 erhöhen - und damit dem selbst gesteckten Ziel näherkommen, "mittelfristig die Nummer zwei in Hamburg zu werden".

Stark setzt Hamburg Energie auf all jene Stromkunden, die bisher noch nie ihren Versorger gewechselt haben. Nach Angaben des Verbraucherportals Verivox sind 84,5 Prozent der Bundesbürger auch nach der Liberalisierung des Strommarktes ihrem Anbieter treu geblieben. Nur 15,5 Prozent hätten ihren Versorger gewechselt.

Der Stromanbieterwechsel ist für die Kunden einfach. Der Verbraucher muss bei dem neuen Anbieter nur einen Vertrag unterschreiben, der dann sämtliche Wechselformalitäten erledigt.

Neben den Kundenabgängen droht Vattenfall derzeit auch aus Brüssel Ärger. Nach dem Aus für sein Kraftwerk zur Erprobung der unterirdischen Kohlendioxidspeicherung (CCS-Technologie) in Jänschwalde muss der schwedische Konzern Vattenfall voraussichtlich bereits ausgezahlte EU-Fördermittel zumindest teilweise zurückzahlen. Insgesamt hatte der Konzern für die Planung und den Bau 180 Millionen Euro zugesagt bekommen. Davon seien 45 Millionen Euro auf eine Art Treuhandkonto ausgezahlt worden, sagte eine Unternehmenssprecherin. Rund 13 Millionen Euro seien bereits ausgegeben worden, die restlichen 32 Millionen Euro würden jetzt zurückfließen. Geprüft werde nun, was mit den 13 Millionen Euro passiere, die unter anderem in die Bauplanung investiert wurden. Ein Ergebnis dazu werde Anfang nächsten Jahres erwartet.