Deutsche-Bank-Chef Ackermann redet in Hamburg über Markt und Moral und wird auf dem Podium von Anhängern der Occupy-Bewegung gestört.

Hamburg. Bei einem Redeauftritt des Deutsche-Bank-Chefs Josef Ackermann im Gebäude der Handelskammer Hamburg ist es am Deinstagabend zu einem Zwischenfall gekommen: Rund ein Dutzend Vertreter der Occupy-Wall-Street-Bewegung, zwei von ihnen mit weißen Theatermasken vor dem Gesicht, unterbrachen Ackermanns Rede und begaben sich zu ihm aufs Podium, um eine Erklärung vorzulesen.

Dazu kam es allerdings nicht, nach einigen Minuten verließen die Demonstranten die Bühne. "Ich stelle mich immer gerne einer Diskussion, aber einfach hinter einer Maske etwas vorzulesen, das finde ich feige", sagte Ackermann, der vor den Mitgliedern der Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg, darunter Handelskammer-Präses Fritz Horst Melsheimer und Haspa-Chef Harald Vogelsang, über "Markt und Moral" sprach. Ackermann nahm die Unterbrechung locker. "In Rhetorikkursen wird man immer darauf vorbereitet, wie man mit solchen Situationen umgeht. Jetzt bin ich 64 Jahre alt und musste dies bisher nie anwenden." Auf den Vorwurf der Occupy-Bewegung, das Ziel einer Eigenkapitalrendite von 25 Prozent sei unmoralisch, sagte Ackermann, als global tätiger Konzern müsse die "Deutsche Bank so gut sein wie die, mit denen wir im Wettbewerb stehen". Und weiter: "Die Welt um uns herum schläft nicht - und sie denkt anders als Sie." Eben weil es der Bank gelungen sei, wettbewerbsfähig zu bleiben, habe sie die Mitarbeiterzahl erhöhen können.

Ackermann gratulierte aber auch den Gastgebern zu ihrem Mut, "in diesen Zeiten einen Banker einzuladen, um über Markt und Moral zu sprechen". Schließlich seien in jüngerer Zeit Zweifel an deren Vereinbarkeit aufgekommen, zudem sprächen viele Menschen den Bankern heute die Ehrbarkeit generell ab. Im Vorfeld der Finanzkrise des Jahres 2008 hätten auch die Deutsche Bank und er selbst Fehler gemacht, so Ackermann. Als er dies öffentlich eingeräumt habe, sei er dafür in der Branche kritisiert worden. Inzwischen habe sich der Konzern von riskanten Geschäftszweigen wie dem sogenannten Eigenhandel verabschiedet und bei der Bewältigung der Finanzkrise aktiv mitgeholfen - etwa durch Milliardenbeiträge für die Rettung des Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate.

Ackermann bekannte sich klar zu einer Verantwortung, die über wirtschaftliche Kriterien hinausgeht: "Wir wollen alle unsere ökonomischen Ziele auf ehrbare Weise erreichen. Wir wollen keine Geschäfte machen, die unseren Ruf mittel- und langfristig aufs Spiel setzen können." So habe er jüngst angewiesen zu prüfen, ob der Handel mit Rohstoffen zu teureren Lebensmitteln und damit zum Hunger in der Welt beitrage. Daneben habe die Bank fast 100 Millionen Euro für ökologische und soziale Projekte aufgewendet. Man betrachte dies als Investition in gesellschaftliches Vertrauen, so Ackermann - "und niemand ist mehr auf Vertrauen angewiesen als Banken".