Eine Initiative um die Hamburger Buchhändlerin Elke Ehlert will den Stadtteil Hamm attraktiver machen - und hat dabei großen Zulauf.

Hamm. Die Keimzelle einer neuen Bürgerbewegung in Hamm ist eine kleine Buchhandlung namens "Seitenweise". Hier gibt es rund 3000 Bücher und zwei Buchhändlerinnen. Eine von ihnen ist Elke Ehlert, rothaarig, mit freundlichen Augen, politisch interessiert und vom Potenzial ihres Stadtteils überzeugt. Vor elf Jahren war sie Mitbegründerin der Bürgerinitiative "Hamm' Se Zivilcourage". Jetzt hat sie eine Bewegung angeschoben, die unter dem Motto "Hamm' wir alles" den Stadtteil attraktiver machen möchte.

Es waren die vielen leer stehenden Geschäfte in ihrer Umgebung, die Buchhändlerin Ehlert auf den Plan riefen. "Zunächst hatte ich den Gedanken, dass es schön wäre, dort nach dem Vorbild des Gängeviertels Künstler unterzubringen", sagt sie. "Und zwar aus persönlichen, aber auch aus ökonomischen Interessen. Schließlich bin ich dem Stadtteil als Bewohnerin und Unternehmerin sehr verbunden und möchte einfach, dass es hier schön ist."

So mobilisierte Elke Ehlert zwei weitere Mitglieder der Bürgerinitiative: Susanne Buhl, Bezirksabgeordnete der SPD, und Peter Holst-Glöss, einen Stadtplaner. Zu dritt unternahmen sie einen Spaziergang durch Hamm, um erste Ideen zu entwickeln. Das war im Mai. "Bis dahin hatten wir ausschließlich politische Veranstaltungen organisiert", sagt Elke Ehlert, "jetzt ging es um Überlegungen, mit welchen Angeboten man das Kleingewerbe, aber auch das öffentliche Leben stärken kann."

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Beim zweiten Rundgang, im Juli, waren sie schon zu sechst - dieses Mal war ein weiterer Stadtentwickler mit von der Partie. Und die ersten Ideen nahmen Gestalt an: Der Wochenmarkt soll durch regelmäßige Feste und Veranstaltungen mehr in den Mittelpunkt gerückt und durch Flohmarktstände ergänzt werden. Der Hammer Park soll die Möglichkeit zum "urban gardening" bieten, des gemeinsamen Obst- und Gemüseanbaus. In den ungenutzten Büros sollen Bands proben - und vor allem: Hamm soll eine Homepage mit interaktivem Stadtplan bekommen, auf der sich Einzelhändler, Vereine, Gemeinden und andere kulturelle Institutionen präsentieren können. Als sie die Hammer Bürger in den Kulturladen Hamm einluden, um ihnen die Überlegungen vorzustellen und sie in einer Art Workshop mit ihnen weiterzuentwickeln, rechneten Elke Ehlert und die anderen mit höchstens 15 Teilnehmern. Es kamen aber mehr als 50 - alle begeistert von der Idee, mit anzupacken bei der Belebung ihres Stadtteils. Sie bildeten Gruppen, die sich um die Umsetzung der verschiedenen Ideen kümmern wollen. Susanne Buhl initiierte ein Kürbisfest, das am 21. Oktober auf dem Markt veranstaltet wird. Grafikerin Julia Hofmann hat bereits erste Entwürfe für die Homepage angefertigt, die vom Kulturladen betreut wird.

Gudrun Glöckner organisiert das "urban gardening" im Hammer Park. Und Peter Holst-Glöss will die leeren Büros mit Musikern und Künstlern füllen. "Es engagieren sich auch Menschen, die noch nie Kontakt zu unserer Bürgerinitiative hatten", sagt Elke Ehlert begeistert. "Damit entsteht hier etwas, auf das viele Leute lange hingearbeitet haben." Was sie besonders freut: Es gibt viele junge Menschen, die mit anpacken wollen. Denn Hamm hat sich in den vergangenen Jahren kräftig verjüngt. "Hier wohnen mittlerweile viele Studenten und junge Familien", sagt die Geschäftsfrau. Das macht sich bemerkbar: an ihrem Sortiment, zu dem jetzt viele Kinderbücher gehören, an Künstlern wie Kristian Bader ("Caveman") und Dietwald Doblis (Zeichner von "Lurchi"), die im Stadtteil wohnen, aber auch am Café Klassenraum und am Hammer Hofquartier - Backsteinhäuser mit viel Grün, die auf einer Fläche errichtet wurden, auf der früher Garagen und eine Autowerkstatt standen.

Diese "Wende" zeigt sich auch am Bevölkerungswachstum: Heute leben 36 500 Menschen in Hamm, knapp 2500 Personen mehr als 2005, die Arbeitslosigkeit ist von zehn auf gut sechs Prozent zurückgegangen. "Vor Gentrifizierung habe ich keine Angst", sagt Elke Ehlert. "Es ist doch schön, wenn junge, intellektuelle Leute hierhinziehen."