Der BUND steigt aus, weil Siemens Sponsor ist. Auch Greenpeace kritisiert Hamburg und redet von “Missbrauch für Werbezwecke“.

Hamburg. Es ist eine Ohrfeige für Hamburg: Wenige Tage vor dem offiziellen Startschuss zur Europäischen Umwelthauptstadt 2011 hat sich der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) aus allen offiziellen Projekten zurückgezogen.

"Es ist unerträglich, dass eine Europäische Umwelthauptstadt ein Unternehmen wie Siemens zum Hauptsponsor macht, das wie kein anderes für den Bau von Atomkraftwerken steht und in diesem Bereich nach eigener Aussage sogar Weltmarktführer werden will", sagte BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. Deshalb habe der BUND nicht nur seine Vorschläge für den sogenannten Zug der Ideen, sondern auch weitere Projektideen zurückgezogen.

Auch Greenpeace übt scharfe Kritik. Auf Abendblatt-Anfrage bestätigte Energieexperte Karsten Smid, dass sich die Umweltschutz-Organisation nicht an Projekten im Zusammenhang mit der Auszeichnung Europäische Umwelthauptstadt beteiligen werde. "Die Stadt missbraucht diesen Titel für Werbezwecke. Ernsthafte Zukunftsprojekte im Energie- und Verkehrsbereich fehlen", sagte Smid. Hamburg habe diese Auszeichnung schlicht nicht verdient.

Den Zeitpunkt für den Ausstieg aus allen offiziellen Kooperationsprojekten hatte der BUND geschickt gewählt. Gestern stellten Umweltsenatorin Herlind Gundelach (CDU) und Siemens-Norddeutschland-Chef Michael Westhagemann bei einer Pressekonferenz im Miniatur Wunderland die Details zum "Zug der Ideen" vor. Westhagemann wies die Kritik des BUND zurück: "Ich kann die Reaktion nicht nachvollziehen. Die Kritik ist schlichtweg falsch, denn wir bauen gar keine Atomkraftwerke." Siemens ist aber ein wichtiger Zulieferer.

Senatorin Gundelach sagte: "Wir bedauern die Entscheidung des BUND und können die Kritik an Siemens nicht teilen." Die Sponsoren des Projekts seien sorgfältig ausgesucht und überprüft worden, es gebe an Siemens nichts auszusetzen. "In der heutigen Zeit muss Umweltpolitik mit den allerhöchsten technischen Herausforderungen arbeiten; diese sind im Hause Siemens gegeben", sagte Gundelach. Der Konzern unterstützt das Projekt der Europäischen Umwelthauptstadt mit Geld- und Sachleistungen von mindestens einer Million Euro. Dazu gehört auch der "Zug der Ideen", der von April an in 18 europäische Städte reisen wird. Die rollende Ausstellung präsentiert ökologische Projekte aus Themenbereichen wie "Stadtentwicklung und Wohnen", "Mobilität" und "Konsum".

Der BUND hatte offiziell am 17. November während der Auftaktveranstaltung zum Umweltjahr im Kulturzentrum Kampnagel erfahren, dass Siemens als Premiumpartner dabei ist: "Wir haben diese Entscheidung umgehend kritisiert. Es gab auch Gespräche mit der Stadt, aber diese hält trotz unserer großen Bedenken an Siemens fest", sagte Landesgeschäftsführer Braasch.

Die SPD zeigte Verständnis für die Entscheidung des BUND: "Es ist zwar schade, aber ich kann die Reaktion nachvollziehen. Es ist wenig sensibel von der Stadt, dass ein umstrittenes Unternehmen wie Siemens als Premiumpartner ausgewählt wurde", sagte Umweltexpertin Monika Schaal.

Hamburg übernimmt im neuen Jahr den Titel der Europäischen Umwelthauptstadt von der schwedischen Hauptstadt Stockholm.