Terrorwarnung, Wintereinbruch und die Weihnachtsmärkte vermiesen den Dom-Schaustellern das Geschäft.

St. Pauli. Die mannshohen Plastikblumen vor der Achterbahn "Kiddy Coaster" sind mit Schnee bedeckt. Ihre als Riesenraupe verkleideten Wagen stehen still und frieren ein. Aus den Boxen dröhnt Musik. "Kinder, heut ist Sommerfest", singt ein Chor.

Ein paar Meter weiter haben sich die Schausteller dem winterlichen Wetter angepasst. "Merry Christmas everyone", schallt es über den leeren Asphalt vor dem Fahrgeschäft "XXL". "Jetzt, wo es schneit, mach ich doch kein Techno oder Hip-Hop an", sagt Nicole Kuschel, 27, die an der Kasse sitzt. Sie drückt auf einen Knopf, und die in sich rotierende Riesenschaukel vor ihrem Kassenhäuschen beginnt ihre Fahrt. Auf deren Höhepunkt werden die drei Insassen aus 45 Metern nach unten rasen. Schon unter normalen Bedingungen nur etwas für Jahrmarktprofis. Jetzt, bei minus fünf Grad, ist der Fahrtwind eiskalt. Finger, Nasenspitze und Ohren schmerzen vor Kälte. Die Schneeflocken knallen gegen die Haut. "Eigentlich müssten wir den Leuten, die bei dem Wetter da hochgehen, noch Geld geben", sagt Kuschel.

Vivien Heuser,17, ist einer dieser Menschen. Alleine sitzt sie im Fahrgeschäft "Booster Maxxx" - eine 50 Meter lange Stahlstrebe, die wie ein Propeller rotiert und an jedem Ende eine Gondel für die Insassen hat. Auf 100 Kilometer pro Stunde beschleunigt das Fahrgeschäft innerhalb von drei Sekunden. Bei voller Geschwindigkeit und am höchsten Punkt der Drehung liegt die Temperatur bei minus 15 Grad. "Gib mir meine Handschuhe", ruft Vivien ihrer Mutter zu, als sie aussteigt. "Ich kann meine Hände gar nicht mehr spüren", sagt die junge Frau. Ihre Mutter Anja, 42, ist mit Vivien und ihren anderen beiden Kindern aus Rahlstedt auf den Dom gekommen. "Letztes Jahr waren wir auch hier, aber da war es nicht so kalt", sagt Anja Heuser. Das Wichtigste seien warme Kleidung mit mindestens zwei Paar Socken.

Nur wenige Besucher sind auf den Dom gekommen. Keiner kauft Mandeln, niemand schießt Rosen, kaum einer sitzt in den Fahrgeschäften. "Es ist eine Katastrophe, wir spielen noch nicht mal unsere Kosten ein", sagt die Kassiererin einer Geisterbahn. Dieses Jahr sei es besonders schlimm. An normalen, also wärmeren Tagen fahren innerhalb von zwei Stunden 100 Gäste mit der Geisterbahn. Gestern waren es im selben Zeitraum gerade mal zehn. "Da überlegt man sich, ob man das weitermachen will", sagt die Schaustellerin.

An vielen Fahrgeschäften hängt ein Schild: "Wegen Vereisung geschlossen". Andere Attraktionen fahren, obwohl niemand darin sitzt. Damit soll verhindert werden, dass die Elektrik einfriert. Außerdem sollen so Gäste angezogen werden. "Wenn wir jetzt hier zumachen, dann wäre das unkollegial den anderen gegenüber", sagt Nicole Kuschel vom "XXL". Durch die Lichter würden viele Leute angelockt, von denen dann auch die umliegenden Spiel- und Essensbuden profitieren. Deswegen sind viele Attraktionen beleuchtet, obwohl sie nicht in Betrieb sind.

Aber auch die überdachten und geheizten Hütten, in denen es Glühwein, Kaffe und warmes Essen gibt, sind leer. "Eigentlich ist solches Wetter ja gut für uns, weil dann viele reinkommen, um sich aufzuwärmen", sagt Leila Troudi, 36, vom Café Heidmann. Viele der Stammgäste gehen aber bei solch einem extremen Wetter anscheinend gar nicht erst zum Dom.

Nicht erst mit dem Wintereinbruch läuft es schlecht auf dem diesjährigen Dom. "Ich bin zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder hier und bin absolut enttäuscht", sagt Hot-Dog-Verkäuferin Heike Hahn. Viele der Schausteller würden nicht wiederkommen, wenn sie nicht so darauf angewiesen wären. "Es ist ja kein Wunder, dass wenige Gäste kommen, wenn der Innensenator der Stadt sagt, er würde wegen den Terrorwarnung nicht mit seinen Kindern auf den Dom gehen", sagt sie.

Auch wegen der Weihnachtsmärkte kommen nicht mehr so viele Besucher Den wärmsten Platz auf dem Volksfest hat Wahrsagerin Mama Blume in ihrem Wohnwagen. Und das ist auch gut so. Sie sagt: "Der Winter wird noch härter, und es gibt weiße Weihnachten."