Im Fall der tödlichen Messerattacke vom Jungfernstieg sprachen die Verteidiger ihre Plädoyers. Das Urteil soll am 9. Dezember fallen.

Neustadt. Showdown im Fall Elias A.: Staatsanwaltschaft und Nebenklage haben gestern in ihren Schlussvorträgen hohe Haftstrafen für den 16 Jahre alten Jugendlichen gefordert, der im S-Bahnhof Jungfernstieg einen 19-Jährigen erstochen haben soll. Für die als Totschlag angeklagte Bluttat beantragte die Staatsanwaltschaft sechseinhalb Jahre Jugendhaft, die drei Nebenklagevertreter stellten keinen konkreten Antrag, plädierten aber auf eine Strafe im "oberen Drittel" der nach Jugendrecht maximal möglichen zehn Jahre Haft. Die Verteidigung erklärte, der jugendliche Angeklagte habe sich zwar einer "Körperverletzung mit Todesfolge" schuldig gemacht, könne jedoch nicht wegen Totschlags bestraft werden.

Elias A., der als sogenannter Intensivtäter in den Akten geführt wird, hat nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft am 14. Mai den drei Jahre älteren Schüler Mel D. aus nichtigem Anlass niedergestochen und tödlich verletzt. Am S-Bahnsteig Richtung Altona trafen er und vier Freunde an jenem Abend auf Mel D. und dessen Freund Beny A., 17. Die Gruppe soll die beiden zunächst provoziert, den 19 Jahre alten Schüler dann geschlagen und getreten haben. Unvermittelt soll Elias A. mit seinem Messer zu einem wuchtigen Stoß ausgeholt und auf sein Opfer eingestochen haben. Mel D. konnte sich zwar noch eine Treppe herunter auf einen U-Bahnsteig schleppen. Doch für ihn kam jede Hilfe zu spät: Die tödlichen Stiche hatten Herz und Lunge verletzt, Mel D. verblutete auf dem Bahnsteig. Nach der brutalen Tat geriet vor allem die Justiz heftig in die Kritik: Behörden hätten die Gefährlichkeit des Intensivtäters falsch eingeschätzt. Zudem seien die Strafen zu lasch gewesen: Elias A. ist bisher lediglich zu fünf Arbeitsauflagen verurteilt worden.

Der Staatsanwalt sprach in seinem Plädoyer von kalkulierbaren Risiken, die Elias A. mit der Messerattacke eingegangen sei. Er habe mit bedingtem Vorsatz gehandelt, den Tod seines Opfers billigend in Kauf genommen. Ähnlich argumentierten die drei Nebenklagevertreter: Elias wisse nach zahlreichen Körperverletzungsdelikten genau, welche Folgen eine Messerattacke haben könne. Den tödlichen Stich habe er zudem mit großer Wucht ausgeführt, von einer klassischen Affekttat mit Kontrollverlust sei nicht auszugehen. Ganz anders die Verteidigung: Elias habe sich nach einer Auseinandersetzung mit seinem Bruder in einem Zustand affektiver Erregung befunden, der 16-Jährige habe Mel D. mitnichten töten wollen, sondern auf den Oberarm seines Opfers gezielt, ihn aber verfehlt.

Für die beiden an der Rangelei beteiligten, wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagten Freunde von Elias A. forderte die Staatsanwaltschaft Jugendarrest und Arbeitsauflagen. In ihren Schlussworten entschuldigten sich alle Angeklagten für ihre Taten - genauso wie ihre Eltern. Am 9. Dezember will die Jugendkammer das Urteil verkünden.