Wie eine Bildhauerin zum Gesicht im Kampf um das Gängeviertel wurde. Sie sieht sich nicht als Heldin , sondern als “eine von allen“.

Hamburg. Manchmal, wenn das Chaos regiert und alles drunter und drüber geht, passiert es: Jemand steht auf - und gewinnt Schlacht um Schlacht. Christine Ebeling ist so jemand. Die 44-Jährige ist Sprecherin und Gesicht des Gängeviertels: charismatisch, kämpferisch und immer ruhiger werdend, je größer das Chaos wird. Sie ist mit allen Ebenen vernetzt und auf jedem Parkett sicher. "Wie schaffst du das nur?", fragen selbst ihre Freunde die zierliche Frau, die als Bildhauerin auch mit Hammer und Amboss umgehen kann. Außerdem besitzt sie "Heilhaut" (die Wunden schnell heilen lässt).

Tatsächlich hat Christine Ebeling ungewöhnliche Eigenschaften. Eine Gabe ist ihr Kampfesmut. "Ich bin seit 20 Jahren freischaffend, habe keine Angst vor dem Ruin und als moderne Närrin nichts zu verlieren", sagt sie, holt tief Luft und setzt nach: "Ich bin vor allem keine Heldin. Ich bin eher eine Antiheldin!" Wie das?

Ihre Antwort führt Begriffe wie Nächstenliebe, Gleichheit, Brüderlichkeit und "Schwesterlichkeit" auf. Und ihren wichtigsten Satz: "Ich bin eine von allen." Das klingt christlich, und das ist es auch. Christine Ebeling wuchs in einem katholischen Elternhaus auf, beschäftigt sich immer noch intensiv mit christlichen Werten. Wenn sie sagt: "Ich bin keines Herren Diener", meint sie: keines Menschen Diener. Deshalb würde sie immer zuerst in ihrem Gegenüber den Menschen sehen, nicht die Funktion. "Ich bin neugierig im besten Sinne", sagt sie. Das sei ihr Geheimnis.

Die Künstler im Gängeviertel danken ihr den Einsatz mit ungewöhnlicher Solidarität. Sie wissen auch: Die ebenso charmante wie bezaubernde Frau, wird - wenn es um die Sache geht - zur unerbittlichen Kämpferin. Die Sache! Das ist für "das Viertel" und sein "Gesicht" eben nicht das kleine, putzige Künstlerdörfchen mitten in der großen Stadt. Das sei vor allem eine soziale Aufgabe. "Kunst ist Vielfalt. Und das wollen wir zeigen. Wir wollen eine andere Gesellschaft." Zur Vielfalt gehörten ebenso ausreichend und bezahlbare Wohnungen und Ateliers, soziale Projekte und "eine Stadt, die das auch begreift".

Beim Kampf um das Gängeviertel hat die staatlich geprüfte Gestalterin und Bildhauerin ihre eigenen Interessen hinten anstellen müssen. Zu ihrer eigenen Berufsbezeichnung gehört "Kulturschützerin". Dazu hat sie das "Kulturschutzgebiet" erfunden. Als die Schließung des Altonaer Museums anstand, spendiert sie dem Haus den Titel. Sie selbst ist geschützt, auch weil sie "eine von allen" ist. "Es ist immer jemand da, der mir hilft", sagt sie. Genau genommen sind es viele, die hinter ihr stehen.