Chinas Schande, einen Friedensnobelpreisträger im Gefängnis zu haben.

Wäre es ein Nobelpreis für Physik oder Medizin, würde das Riesenreich China wochenlang stolz feiern. Liu Xiaobo bekommt aber den Friedensnobelpreis. Das ist höchst ärgerlich für die Staats- und Parteiführer in Peking, die das Wort "Kommunismus" zwar noch im Namen führen, aber längst einer profitabel-kapitalistischen Ein-Parteien-Diktatur vorstehen. Peinlich sollte es ihnen sein. Im Fall Liu zeigen sie Nerven und ihr wahres Gesicht. Doch hinter all dem Gegifte, hinter all der Hetze wird sichtbar: Der chinesische Staat hat wirklich Angst vor diesem Liu Xiaobo.

Nicht vor dem Menschen - den kann man auf Jahrzehnte wegsperren, ihn mund- oder gleich ganz tot machen. Mit seinen Ideen geht das nicht mehr. Die werden kopiert, kursieren im Internet, man kann sie hier und da blockieren, aber nicht mehr einsperren. Sie verbreiten sich, weil wirtschaftliche Freiheiten und internationale Kontakte immer mehr Chinesen vor Augen führen, dass ein Staatswesen auch anders organisiert werden kann - unter Achtung der Menschenwürde, im demokratischen Dialog, gewaltfrei. Immer mehr von ihnen treten auch öffentlich dafür ein. Die Angst der Mächtigen ist also berechtigt, denn sie spüren: Da kommt eine Lawine ins Rollen.

China, das mit Riesenaufwand die Olympischen Spiele 2008 nutzte, um sich global als modernes Gemeinwesen zu präsentieren, muss jetzt mit der Schande leben, einen Friedensnobelpreisträger im Gefängnis zu haben - ein Image-GAU, auf den die ganze Welt blickt. Ein Gesichtsverlust, wie er peinlicher nicht kommen kann. Denn das hat vorher nur das deutsche Hitler-Regime geschafft.

Was noch schlimmer - und dabei zutiefst unklug - ist: Chinas Mächtige verschließen sich einem Dialog mit den besten Köpfen ihres Landes und einem politischen Reformprozess, den sie noch mitsteuern könnten.

Die unzufriedenen Menschen werden irgendwann ihren eigenen Fahrplan machen, denn Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenrechte werden immer attraktiver, je länger die selbstherrliche Unterdrückung dauert. Die Widersprüche reichen schon jetzt bis weit hinauf in die Führungsränge.

Noch gehorchen die Gewehrläufe den Ewiggestrigen, aber die Älteren unter ihnen sollten sich in einer stillen Stunde ein letztes Mal an den "Großen Vorsitzenden" Mao erinnern. Der wusste: "Der Stein, den sie aufheben, wird ihnen auf die Füße fallen."