Der designierte Bürgermeister Christoph Ahlhaus präsentiert seinen Wunschsenat. Koalitionspartner GAL akzeptiert, ist aber nicht begeistert

Hamburg. Der Tag, an dem Hamburgs neue Regierung komplett war, begann mit belegten Brötchen. In der CDU-Parteizentrale am Leinpfad traf sich der geschäftsführende Landesvorstand am Freitagmorgen um 9 Uhr zu einem zweiten Frühstück. Offiziell stand die Senatsumbildung gar nicht auf der Tagesordnung. Stattdessen sollte vor allem der Landesparteitag am heutigen Sonnabend vorbereitet werden, auf dem sich Bürgermeister Ole von Beust verabschieden und die Partei Innensenator Christoph Ahlhaus zu seinem Nachfolger nominieren wird.

Zwischen Brötchenhälften und Weintrauben erfuhr die Parteiführung aber auch erstmals die komplette Zusammensetzung des neuen Senats. Seit einigen Tagen bekannt war bereits, dass Carsten Frigge Finanzsenator bleibt, der Unternehmer Ian Karan Wirtschaftssenator wird, Verfassungsschutzchef Heino Vahldieck von Ahlhaus die Innenbehörde übernimmt und der frühere Staatsrat Detlef Gottschalck Chef der Senatskanzlei wird. Nachdem Ahlhaus erst Mitte der Woche nach Protesten der GAL von dem Plan abgerückt war, die Wissenschafts- und die Kulturbehörde zusammenzulegen, war aber selbst dem engsten CDU-Zirkel neu, wer denn nun Nachfolger von Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) wird: Reinhard Stuth.

Um 14.10 Uhr, gut drei Stunden nach Ende der CDU-Sitzung am Leinpfad, meldete das Abendblatt exklusiv, dass der erst im März 2009 von Ole von Beust entlassene Kulturstaatsrat nun als Senator in die Behörde zurückkehrt. "Ein Aufbruch ist das nicht gerade", fasst ein CDU-Mitglied die Bedenken ob der überraschenden Personalie zusammen. Linke-Fraktionschefin Dora Heyenn spricht später von einem "Gruselkabinett", SPD-Fraktionschef Michael Neumann spottet: "Stuth und Vahldieck sind Leute, die ihre politische Zukunft schon hinter sich haben."

Doch zunächst gibt es wieder belegte Brötchen. Um 16.50 Uhr schreitet Christoph Ahlhaus die Wendeltreppe aus weiß polierten Steinen im Hotel Radisson Blu hoch. Der Saal im ersten Stock, in dem der 40-Jährige diesmal den erweiterten CDU-Landesvorstand und die 56-köpfige Bürgerschaftsfraktion über sein Personal informiert, heißt "Los Angeles", doch mit Hollywood hat das wenig zu tun. Man(n) trägt Anzug, nur Parteivize Marcus Weinberg kommt lässig im dunklen Polohemd. Ahlhaus erläutert jede Personalentscheidung einzeln, jedes Mal gibt es Applaus. Wortbeiträge gibt es nur wenige, Kulturexpertin Brigitta Martens gibt ihrer Freude über den Erhalt des Kultursenatorpostens Ausdruck.

Um 17.56 Uhr treten Ahlhaus und Parteichef Frank Schira vor die Mikrofone der Medien. Auffällig: Ahlhaus stellt nur kurz sein "geeignetes und gewilltes" Personal vor, betont aber ausführlich das Festhalten am Sparkurs. Das ist kein Zufall. Finanzsenator Carsten Frigge (CDU) soll stinksauer gewesen sein, dass sein eigentlich schon beschlossener Vorstoß, mindestens eine Behördenleitung einzusparen, dem Widerstand des grünen Koalitionspartners zum Opfer fiel. Daher ist es Ahlhaus besonders wichtig, auf das Haushaltsloch von einer halben Milliarde Euro hinzuweisen und zu betonen, er wolle "nicht nur an Leistungen sparen, sondern eben auch an der Verwaltung". Frigge registriert es mit Genugtuung.

Die eigentliche Hürde hatte Ahlhaus aber noch zu nehmen: die Grünen. Um 18.10 Uhr betritt er das Rathaus durch den Hintereingang. GAL-Fraktion und Parteispitze sitzen seit 18 Uhr zusammen und erwarten ihn zum zweiten Mal binnen dreier Tage. Während Ahlhaus am Mittwoch an der grünen Basis punkten konnte, wird es jetzt brenzlig. Erst um 19.40 Uhr kommt er raus und verschwindet sofort. "Ich habe meine Ideen dargelegt, jetzt müssen die Grünen sich beraten und entscheiden."

Doch vor allem mit der Personalie Stuth tut sich die GAL schwer. Mehr als eine Stunde wird hinter verschlossenen Türen debattiert, ehe Fraktionschef Jens Kerstan um 20.55 Uhr nur indirekt Zustimmung signalisiert: "Wenn es Vorschläge gäbe, die gar nicht gehen, hätte ich das jetzt gesagt." Ob er sich über Stuth freue? "Es geht nicht um Freude", so Kerstan. Ahlhaus habe seine Gründe dargelegt, die habe man "zur Kenntnis genommen". Er sehe aber "positive Tendenzen" in der Fraktion für die Wahl von Ahlhaus zum Bürgermeister.

Auch der GAL-Landesvorstand spricht sich im Vorfeld der Mitgliederversammlung am Sonntag, die offiziell über die Fortsetzung der Koalition entscheidet, für das Bündnis aus. Doch es gibt weiterhin internen Widerstand. So spotten die GAL-Mitglieder Peter Schwanewilms und Aram Ockert: "Wäre es so, wie der Landesvorstand schreibt, dass es mit der CDU keinen Dissens gibt, so sollte man den Fusionsprozess mit der CDU einleiten."