Welche Erwartungen in den Parteizentralen an den designierten Ersten Bürgermeister geknüpft werden

Berlin. Man kann nicht behaupten, dass die Rücktrittsankündigung des populären Ole von Beust mitten in der Legislaturperiode Begeisterungsstürme in der Berliner CDU-Zentrale ausgelöst hätte. Zu schwer schien der Verlust zu wiegen, zu viele freiwillige Abtritte hatte die Partei zu diesem Zeitpunkt schon verkraften müssen.

Doch an das Revirement an der Senatsspitze werden in Unionskreisen inzwischen durchaus auch Hoffnungen geknüpft. Das hängt in erster Linie mit dem Volksentscheid gegen die Primarschule zusammen, dessen Ausgang nicht nur Bildungsministerin Annette Schavan, sondern sogar die Parteivorsitzende Angela Merkel selbst in ungewöhnlich deutlicher Wortwahl begrüßten. Dass es überhaupt so weit kam, wird in Berlin auch Beust angelastet.

Dessen letztlich verlorener Kampf gegen die - so die vorherrschende Lesart - Interessen der bürgerlichen Stammklientel galt führenden Unionsleuten als Grenzüberschreitung, die sich auch durch das Bündnis mit den Grünen nicht rechtfertigen lasse.

Ahlhaus wird zugetraut, so formuliert es etwa der Innenausschuss-Vorsitzende Wolfgang Bosbach, "die Handschrift der Union wieder klarer erkennbar werden zu lassen". Ahlhaus halte "geschickt die Balance zwischen notwendiger Kompromissbereitschaft und der klaren Linie, die man behalten muss, damit die Menschen sehen: Das ist weiterhin unsere Partei."

Auch bei den Grünen geht man davon aus, dass Ahlhaus die CDU im Rahmen der durch den Koalitionsvertrag definierten Grenzen wieder etwas nach rechts verschieben wird. Das allerdings, so heißt es, sei im Sinne der Unterscheidbarkeit der Partner gerade mit Blick auf den im nächsten Jahr beginnenden Wahlkampf nichts Negatives, solange grüne Kernanliegen wie die Stadtbahn konsequent realisiert werden. Allerdings müsse Schwarz-Grün zwingend bis zum Ende der Legislatur halten, um diese strategische Option für die Zukunft nicht zu verlieren.

Die Liberalen hätten nichts dagegen einzuwenden, wenn Schwarz-Grün in der Elbmetropole doch noch scheitern würde, gehen aber davon aus, dass das Bündnis professionell weiterarbeitet. Der Wechsel von Beusts zum konservativeren Ahlhaus könne den in Hamburg traditionell schwächelnden Parteifreunden aber helfen, beim liberalen Bürgertum erfolgreicher als früher um Stimmen zu werben.

Hoffnungsvolle Freude über den Wechsel an der Senatsspitze herrscht im Berliner Willy-Brandt-Haus. Der Rücktritt des populären Beust mache den strategisch so wichtigen Hamburg-Wahlkampf 2012 leichter. Ein möglicher Sieg der SPD gegen die CDU könne Signalwirkung für den Bund haben.