Der neue Senat zeigt die Probleme des Christoph Ahlhaus.

In der Politik schadet es nicht, unterschätzt zu werden. Helmut Kohl wurde nach seinem Amtsantritt 1982 als "Birne" verlacht - und blieb 16 Jahre im Kanzleramt. "Sein Mädchen" Angela Merkel nahmen viele CDU-Ministerpräsidenten nicht ernst, bis sie 2005 Kanzlerin wurde. Auch Christoph Ahlhaus, der am Mittwoch zum Ersten Bürgermeister gewählt werden will, hätten viele keine Karriere zugetraut. Er galt als Politikimport aus Heidelberg, als farbloser Parteisoldat, als konservativer Spießer. Doch als der ewige Ole-von-Beust-Kronprinz Michael Freytag die Brocken hinwarf, nutzte Ahlhaus geistesgegenwärtig die Gunst der Stunde, um sich die Rolle des ersten Beust-Nachfolgers zu sichern.

In den vergangenen Wochen hat es Ahlhaus vermocht, erfolgreich an seinem Image zu feilen und die GAL zu bezirzen. Doch seine neue Senatsmannschaft enttäuscht. Mit Ian Karan gelang ihm zwar, einen Überraschungskandidaten von außen zu holen; die Parteifreunde Vahldieck und Stuth aber gelten eher als Not- denn als Wunschkandidaten. Reinhard Stuth ist als Staatsrat in der Kulturbehörde gescheitert und kehrt nun als Senator dorthin zurück - eine seltsame Karriere. Gut möglich, dass sich viele Hamburger schon bald Vorgängerin Karin von Welck zurückwünschen werden.

Mit seinem Senat geht Ahlhaus ein hohes Risiko ein - denn Mittelmaß ist angesichts der Herausforderungen zu wenig. Nach der Rücktrittswelle müssen sich die neuen Senatoren nicht nur extrem schnell einarbeiten, sondern auch rasch eigene Akzente setzen. Schon im Februar 2012 wird die Bürgerschaft neu gewählt. Nicht nur in dieser kurzen Restlaufzeit lauern für Ahlhaus Gefahren. Die Senatorenliste lässt die Handschrift des CDU-Fraktionschefs Schira erkennen. Er trauert der verpassten Chance nach, selbst Bürgermeister zu werden, und beschränkt nun die Macht von Ahlhaus - als Strippenzieher hat Schira seine Leute an den Kabinettstisch gesetzt. Und anders als von Beust, der über die Fraktion hinweggehen konnte, ist Ahlhaus auf sie angewiesen.

Auch die Grünen lassen sich die Treue zur Koalition nun teuer bezahlen - der Antrag auf eine Fortsetzung der Koalition ist sieben Seiten lang und gespickt mit grünen Nachforderungen: Baubeginn der Stadtbahn bis 2012, Gemeinschaftsstraßen, Reform des Polizeirechts, mehr offener Strafvollzug. Mit der neuen Schwerpunktsetzung im Bereich Verkehr und Umwelt sind Konflikte mit der CDU programmiert.

Eingemauert von zwei Seiten, nur 18 Monate vor einer Wahl hat Christoph Ahlhaus nur wenige Chancen - aber vielleicht wird er ja mal wieder unterschätzt.