Hobbygärtner schaffen auf kleinstem Raum ihr persönliches Paradies. Das geht nicht nur auf Straßenniveau, sondern auch in 15 Meter Höhe.

Uhlenhorst. "Was hier prima gedeiht, ist Schnittlauch", sagt Gerlinde Adams und lacht. Einen Dachgarten zu bepflanzen, ist nicht ganz einfach. Regen, sengende Sonne, Sturm: Das Wetter trifft hier jedes Blättchen ungefiltert von Bäumen oder Windschutz. Der Rollrasen treibt Gerlinde Adams ein bisschen zur Verzweiflung: Er hat im heißen Sommer 2010 zu viel Sonne abbekommen. Ein Geißblatt-Busch hat schon herbstlich rote Blätter. Aber die zwei Ginkgo-Bäumchen sprießen wieder erholt in frischem Grün. Und aus dem Rasen sind überraschend Malven gewachsen. Auf einem Dach weht eben vieles an.

So wie Familie Härtner-Adams ihr Sommerrefugium auf 50 Quadratmetern auf dem Dach eingerichtet hat, haben auch andere Hamburger auf kleinstem Raum ihr persönliches Paradies geschaffen. Abgesehen von den Randbezirken sind Gärten in der City rar - denkt man zuerst. Aber nach unserem Aufruf im Abendblatt meldeten sich so viele stolze Besitzer von Gärten auf kleinstem Raum, dass man sagen kann: Hamburg ist eine Gartenstadt.

Die meisten erzählen, dass sie anfangs triste Hinterhöfe vorfanden, Abstellplätze für Fahrräder, Teppichstangen und Mülleimer. So mancher wurde unfreiwillig zum Archäologen und musste Trümmer, alte Öfen und Backsteine ausgraben, die nach den Bombennächten im Krieg einfach in den Hof geworfen worden waren. Mit frischer Erde und viel Elan entstanden zauberhafte Gärten zwischen Zäunen und Brandmauern, zum Teil sogar über alten Bunkern, die vom Erfindungsreichtum ihrer Gestalter erzählen.

Das geht nicht nur auf Straßenniveau, sondern auch auf dem Dach in 15 Meter Höhe. Als Gerlinde Adams, Architektin, und ihr Mann Peter Härtner, Ingenieur, 1982 im obersten Stock des Hauses am Hans-Henny-Jahnn-Weg auf der Uhlenhorst einzogen, war auf dem Dach nur die Dachpappe. Eine schmale Wendeltreppe führt jetzt hinauf in einen Dachaufsatz. Von da betritt man das kleine Sommerreich mit Blick über die Dächer der Uhlenhorst, bis zum Michel in der Ferne. "Bei entsprechender Windrichtung können wir auch die Rockkonzerte im Stadtpark mithören", sagt Gerlinde Adams.

Sehr wichtig für den Boden eines Dachgartens ist Wurzelschutzfolie. Sie verhindert, dass in der Wohnung darunter plötzlich braune Triebe durch die Decke sprießen. Und dass dann beim nächsten Regen das Zimmer geflutet wird. Dafür gibt es auch einen Wasserablauf. Auf die Folie wurde Erde aufgebracht. Dabei war der alte Kran aus einem Lagerhaus, der auf die Dachkante gesetzt wurde, entscheidende Hilfe: Die gesamte Ausstattung des Dachgartens musste nicht durchs Treppenhaus und über die enge Wendeltreppe nach oben geschleppt, sondern konnte hinaufgehievt werden. Und umgekehrt kann Gerlinde Adams auch ihre Gartenabfälle einfach in den Hof abseilen. Da das Erdreich nur rund 30 Zentimeter dick ist, müssen zwei Fliederbüsche und eine Weide in Terrakottakübeln wachsen. Gerlinde Adams experimentiert viel. Zum Beispiel mit Tomaten, die viel Sonne brauchen.

Den Dachgarten haben sie und ihr Mann gemeinsam "in seltenem Einvernehmen" gestaltet, sagt sie vergnügt. "Ich wollte eine Liegefläche auf Rasen haben. Zwei Quadratmeter Rasen sind nicht viel, aber dafür muss man auch nicht Unkraut jäten." Im vorderen Bereich führt ein Holzsteg zwischen dem (Roll-)Rasen auf den Terrassenteil mit der Sitzecke. Dort ist der Boden mit Gräting-Planken ausgelegt. Am großen Tisch kann die Familie beim Essen den Weitblick genießen. In warmen Sommernächten sitzt sie dort manchmal bis in die Nacht - und keiner kann ihnen ins Windlicht starren. "Das ist mein zweites Wohnzimmer", sagt Frau Adams.