Zum Haspa Marathon am Sonntag werden wieder 700 000 Zuschauer entlang der Elbe und Alster erwartet. 17 200 Läufer haben gemeldet

Hamburg. Am Tag vor dem Marathon geht der Blick von Jos Hermens, 62, gewöhnlich gen Himmel. Das Wetter bereitet dem Athletenmanager aus dem niederländischen Nijmegen stets größte Sorgen. Für den Haspa Marathon an diesem Sonntag sind zum Start um 9 Uhr am Millerntorplatz Temperaturen um zwölf Grad Celsius angesagt, beim Zieleinlauf in der Glacischaussee rund zwei Stunden später fünf Grad mehr. "Die Temperaturen sind für Spitzenzeiten okay, und dass es nicht regnen soll, ist ebenfalls von großem Vorteil." Probleme sieht er nur beim Wind. Der soll am Sonntag aus Südwesten wehen - und damit den Läufern auf den letzten Kilometern ins Gesicht. "In der Endphase des Rennens, dann, wenn die Kräfte schwinden, ist Gegenwind für jeden Marathoni, ob Hobby- oder Spitzenläufer, sehr unangenehm", weiß Jos Hermens. Sein Vorschlag: "Vielleicht sollten wir im kommenden Jahr mal andersherum laufen, schließlich ist Westwind in Hamburg der Normalfall."

Dass gewisse Änderungen der Massenveranstaltung um den 42,195 Kilometer langen Lauf an Elbe und Alster guttun würden, glaubt auch Marathonchef Frank Thaleiser, 45, der Geschäftsführer des Hamburger Leichtathletik-Verbandes. In diesem Jahr hat er erste grundlegende Änderungen initiiert. Das Zehntel am Sonnabend (siehe auch Text unten) über 4,2195 Kilometer ist nicht mehr nur Kindern und Jugendlichen vorbehalten, ab sofort darf hier jedermann starten. Innen- und Sportsenator Michael Neumann (SPD), der am vergangenen Dienstag erneut sein Sportabzeichen ablegte, tut es mit 120 anderen.

An diesem Sonntag läutet er das Hauptrennen an, einen Startschuss darf es nicht geben - auf St. Pauli sind Schusswaffen verboten. Beim Marathon sind zum ersten Mal Staffeln zugelassen, vier Läufer, die sich die Strecke in Abschnitten von 15, 10,4, 5,3 und 11,5 Kilometern teilen. Um bei den drei Wechseln am Jungfernstieg, in der City Nord und beim S-Bahnhof Ohlsdorf die übrigen Läufer nicht zu stören, wurden großzügige Zonen für den Personaltausch eingerichtet. Es gilt: Der Marathonläufer hat immer Vorfahrt.

Der scheint sich in Hamburg zu einer bedrohten Spezies zu entwickeln. Nur 12 564 Läufer aus 48 Ländern, davon 20 Prozent Frauen, haben sich angemeldet, so wenige wie seit 14 Jahren nicht mehr. 1998 waren es 10 989. Mit den 1150 Staffeln erhöht sich die Gesamtteilnehmerzahl allerdings auf rund 17 200 Läufer. Das ist eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr, als sich 15 000 Läufer registrierten. 11 210 kamen ins Ziel. "Wir haben in den vergangenen Jahren offenbar in der harten Marathonszene an Kredit verloren", sagt Thaleiser, "den müssen wir mit entsprechenden Maßnahmen zurückgewinnen." In Hamburg, das war zuletzt wiederholt zu hören, fühlten sich die Läufer nicht umsorgt wie anderswo. Der Service, verspricht Thaleiser, "wird diesmal besser sein". So gibt es nach dem Rennen zum ersten Mal in Hamburg ein Büfett mit frischem Obst und Gemüse für die Läufer und nicht wie sonst hauptsächlich Verpacktes.

Grundsätzlich erfreut sich der Haspa Marathon jedoch gefestigter Beliebtheit. Die Sportmesse Endurance '12 in der Messehalle B4 ist ausgebucht. 91 Aussteller zeigen seit Freitag bis zum Sonntagnachmittag auf rund 5000 Quadratmetern Erzeugnisse der Lauf-, Ausdauer-, und Outdoorbranche. Der Eintritt ist frei. Und an der Strecke werden am Sonntag wieder 700 000 Menschen erwartet. Der Marathon bleibt die Bühne für die größte Party der Stadt. Für Unterhaltung ist fast überall gesorgt. Alle vier Kilometer sorgen Musikgruppen und Bands für Stimmung, an zehn Hotspots liefert der NDR Informationen rund um den Marathon. Namenssponsor Hamburger Sparkasse bietet in seinen Filialen an der Reeperbahn (8.15 bis 10 Uhr), Palmaille 64 (8.30 bis 10.30 Uhr), Fuhlsbüttler Straße 350, Fuhlsbüttler Straße 490, Alsterdorfer Straße 261, Eppendorfer Landstraße 2 (alle 9 bis 12 Uhr), Klosterstern und Rothenbaumchaussee (beide 9.30 bis 12 Uhr) Kaffee, kalte Getränke, Obst und Müsliriegel für alle Passanten an. Zudem laden viele Anwohner zu Festen in ihre Gärten oder auf ihre Balkons ein. Der Lauf und die Läufer sind in der Stadt willkommen - und das seit 27 Jahren. Dies ist bekanntlich nicht bei jeder Veranstaltung in Hamburg der Fall.

Das Zuschauen könnte sich am Sonntag besonders lohnen. Auch wenn es an Masse fehlt, für Klasse hat Marathonchef Thaleiser in Zusammenarbeit mit Hermens' Global Sports Communication gesorgt. Zwölf Läufer treten mit einer Bestzeit unter 2:10 Stunden an die Startlinie, so viele wie noch nie. Die Äthiopier Dadi Yami (Startnummer 01) und Shami Dawit (02) waren am 27. Januar dieses Jahres in Dubai mit 2:05:41 und 2:05:42 Stunden bereits schneller als der spanische Streckenrekordler Julio Rey, der im Jahr 2006 bei seinem vierten Hamburg-Sieg 2:06:52 Stunden brauchte. Landsmann Chele Dechase (03) hat die Strecke auch unter der Hamburger Bestmarke in 2:06:33 Stunden absolviert, der Kenianer Paul Biwott (04) in 2:06:54. "Ein neuer Streckenrekord ist unser Ziel, bei Männern wie bei Frauen", sagt Hermens. Am Sonnabend um 11 Uhr bespricht er mit den Spitzenläufern, ihren Managern und den Tempomachern den Hasen, die Strategie. Der Halbmarathon soll in einer Zeit von 63 Minuten gelaufen werden, die Spitzengruppe so lange wie möglich bis zu 16 Läufer umfassen. "Aufgrund der Breite an der Spitze müsste am Ende eine hervorragende Zeit herauskommen, selbst wenn jemand von den Favoriten schwächelt", sagt Hermens. Für eine neue Bestzeit gibt es bei Männern und Frauen jeweils 25 000 Euro Prämie zusätzlich zum Preisgeld von 12 000 Euro. Die Deutschen werden in Hamburg wieder hinterherlaufen. Das tun sie seit den Siegen des Dresdners Jörg Peter 1990 und 1991. Für Falk Cierpinski (Startnummer 23) und Martin Beckmann (22) geht es in Hamburg immerhin um die Olympianorm für London (2:12:00). "Erst einmal will ich ankommen, dann sehen wir weiter", sagt der Sohn des zweimaligen Marathon-Olympiasiegers Waldemar Cierpinski (1976 und 1980) aus der DDR. "Ich setze auf die Unterstützung der Hamburger." Die ist ihm gewiss - wie jedem Läufer.

Das NDR-Fernsehen überträgt die Veranstaltung von 8.45 Uhr bis 12.45 Uhr live.

Der Radiosender NDR 90,3 berichtet von 8.20 Uhr bis 13 Uhr vom Haspa Marathon.