Unilever hat das Deutschlandspiel für die Belegschaft zum Fest gemacht. 500 Mitarbeiter waren begeistert - nur vom Ergebnis nicht.

Hamburg. Als Nemanja Vidic ungelenk durch den eigenen Strafraum tölpelt, kurzzeitig die Sportart verwechselt und zum finalen Hechtsprung Richtung Ball ansetzt, keimt Hoffnung auf. Torben Kasch und Inke Giese schreien, um sie herum schwillt der Lautstärkepegel auf Nordkurven-Niveau, schwarz-rot-goldene Fahnen fliegen durch die Luft. Handspiel! Elfmeter für Deutschland! Stadionatmosphäre.

Es ist 14.47 Uhr, und dieser unerlaubte Kunstgriff des serbischen Abwehrspielers ist ganz nach dem Gusto der Unilever-Belegschaft. Im Spiel Deutschland gegen Serbien steht es 0:1, und Torben Kasch, Inka Giese sowie schätzungsweise 500 Kollegen haben sich schließlich nicht für ein WM-Trauerspiel in der avantgardistisch designten Firmenzentrale in der HafenCity verabredet. Sie wollen Fußball gucken, sie wollen eine Party feiern und sie wollen es während der Arbeitszeit tun - dem frühen Anstoß um 13.30 Uhr sei Dank.

Als eines von vielen Unternehmen entschied sich Unilever deshalb, kollegiales Fußballschauen anzubieten. "Vor vier Wochen haben wir mit den Vorbereitungen begonnen, haben die kleinen Geschenke bestellt, das Essen organisiert und den Rahmen abgeklärt", sagt Kathrin Voelzke vom Unilever-Kommunikationsteam. Eine Herzensangelegenheit für die St.-Pauli-Anhängerin. "Denn ich habe mal durchgerechnet - Deutschland wird kein Nachmittagsspiel mehr haben." Darum war die Freitagsbegegnung dem Unternehmen, das schon während der WM 2006 und der EM 2008 Mitarbeiter-Fanfeste organisierte, eine Party wert.

Und die Mitarbeiter danken. "Dieses Angebot der Firma ist absolute Spitze", sagt Torben Kasch, der wie die meisten seiner Kollegen in Deutschlandfarben gehüllt ist. Nach dem Prinzip der freiwilligen Selbstkontrolle haben sich die Mitarbeiter ausgestempelt, soll heißen, wer Fußball gucken wollte, unterbrach seine Arbeitszeit, bekam dafür aber eine Klatschhand aus Plastik, ein Deutschlandtrikot, Kartoffelsalat und freien Blick auf die Großbildleinwand im Foyer. "Natürlich haben wir vorher im Büro Vollgas gegeben", sagt der 39-jährige Mitarbeiter der Altersvorsorge-Abteilung. "Aber nach dem Spiel geht's trotzdem noch mal zurück an den Arbeitsplatz. Aufräumen."

Während des Spiels denkt niemand ans Aufräumen. Alle haben Kaltgetränke in der Hand, die Architektur des Foyers kommt der Lautstärke zugute, eine vereinzelte Vuvuzela wird in den Raum gereckt, aber Gott sei Dank nicht benutzt. Die Stimmung ist trotz Rückstands gleichbleibend heiter, wenngleich der üppige Saal nur dreimal zum echten Hexenkessel wird - bei Khediras Lattenknaller in Halbzeit eins sowie dem Außennetzversuch und dem Elfmeter von Podolski in Hälfte zwei. Zwischendurch versucht Kommunikationschef Merlin Koene mit ins Publikum geschossenen Schaumgummibällen den Ausgleich herbei zu animieren - es bleibt beim Versuch. Er hebt lediglich die Laune seiner Kollegen.

Nach dem Schlusspfiff strömt der Großteil der Belegschaft wieder in die Büros, auch Torben Kasch und Inke Giese wollen zum avisierten "Aufräumen" in den dritten Stock. Ein Fazit: "Was hier von unserem Arbeitgeber geboten wurde, in diesem Umfeld, der HafenCity, ist wirklich großartig. Und was den Fußball betrifft: Nach der Gala ist man eben wieder in der Realität."

Das trifft in gewisser Weise auch auf das Arbeitsleben zu. Denn am Montag geht es normal weiter bei den insgesamt 1200 Unilever-Mitarbeitern am Strandkai 1. Ein kleiner Motivationsschub ist dennoch nicht unwahrscheinlich - trotz Deutschland-Niederlage.