Das Unternehmen Tesa plant Innovationen für die Industrie und setzt auf Medizinpflaster. 200 Arbeitsplätze wurden abgebaut.

Hamburg. Die spektakuläre Pleite der US-Investmentbank Lehman schockierte gerade die weltweite Wirtschaft, als Thomas Schlegel (54) im Oktober 2008 Vorstandschef des Hamburger Klebebandherstellers Tesa wurde. Schlegel, der mehr als drei Jahrzehnte bei der Tochter des Nivea-Herstellers Beiersdorf arbeitete, spürte schnell, dass die Wirtschaftskrise tiefe Spuren bei dem Unternehmen hinterlassen würde. Aufträge von Kunden - etwa aus der Autoindustrie - brachen weg, in den Werken in Hamburg und Offenburg herrschte Kurzarbeit.

Doch das ist heute Geschichte. "Wir haben 2009 unsere Hausaufgaben gemacht", sagte Schlegel, der von der Tesa-Niederlassung in Singapur nach Hamburg kam. Nach harten Einschnitten inklusive des Abbaus von 200 der damals 3700 Mitarbeiter im In- und Ausland will das Unternehmen in diesem Jahr wieder leicht höhere Gewinne erwirtschaften. 2009 brach der Jahresüberschuss um 64 Prozent auf 19,2 Millionen Euro ein, während der Umsatz um 13,1 Prozent auf 747,1 Millionen Euro nachgab.

Schlegel setzt bei seinen Wachstumsplänen stark auf Innovationen - die vor allem im Tesa-Werk in Hamburg-Hausbruch umgesetzt werden. Insgesamt 100 Millionen Euro hat das Unternehmen in den vergangenen drei Jahren dafür bereitgestellt. Allein 18 Millionen Euro flossen in eine neue Anlage mit Reinraumtechnologie, in der im Auftrag der Pharmaindustrie Klebefolien als Träger für Medikamente produziert werden. Sie geben die Arznei über die Haut oder die Zunge in das Gewebe und die Blutgefäße ab. "In der zweiten Hälfte 2011 erwarten wir die Zulassung für diese Technologie", so Schlegel.

Die Vorteile dieser sogenannten Transdermalen Therapeutischen Systeme (TTS) für die Patienten liegen in der im Vergleich zur Tablette und Spritze bequemeren, aber auch gleichmäßigeren und individuelleren Dosierung von Arzneimitteln. Das medizinische Know-how hat sich Tesa mit der 20 Millionen Euro teuren Übernahme des Biotecunternehmens Labtec geholt. Die Wachstumsperspektiven sind gut. Der Weltmarkt für die Klebemedizin wird auf eine Milliarde Euro geschätzt. Auf der gleichen Anlage werden auch Spezialfolien für die stark wachsende Elektronikindustrie hergestellt. Wachstum erhofft sich Tesa auch mit neuen Filtersystemen für Laserdrucker und optisch reinen Klebefolien für neue Mobiltelefone und andere Geräte.

Weitere 40 Millionen Euro flossen in eine Anlage für die lösungsmittelfreie Herstellung von doppelseitigen Klebefolien. Mit ihnen werden auch schwere Gegenstände fest zusammengehalten. "Damit können sie zum Beispiel die Rahmen von Solarzellen miteinander verkleben oder Briefkästen ohne bohren und schrauben an einer Hauswand befestigen und Leuchtreklamen an Tankstellen anbringen", so Schlegel. Auch Glasscheiben können miteinander verklebt werden. Anfang 2011 soll die Produktion in Serie gehen. Im Privatkundengeschäft, das inzwischen nur noch rund 25 Prozent des Gesamtgeschäfts ausmacht, wurde unter anderem das Sortiment um umweltschonende Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen erweitert.

Trotz Krise hat das Unternehmen seine Forschungsausgaben nicht reduziert, sondern im Gegenteil, sogar um einen Prozentpunkt erhöht. "Wir haben unsere Organisation auf die veränderten Umstände eingestellt", so Schlegel. Aber in Hamburg mussten durch die neuen Technologien keine Mitarbeiter abgebaut werden. Allerdings wurden einige Zeitverträge nicht verlängert. In Offenburg hat Tesa die Logistiksparte ausgegliedert, in Stuttgart wird dieser Bereich aufgelöst.

Für Wachstum sollen neben den Innovationen in diesem Jahr auch die asiatischen Märkte sorgen, wo die Nachfrage, etwa von der Elektroindustrie, schon wieder gestiegen ist. Um davon noch besser zu profitieren, errichtet das Unternehmen gerade eine Fabrik in Indien.