Sarah Reich lernt bei Beiersdorf, Produkte auf ihre Qualität zu testen und neue Rezepturen zu entwickeln.

Die Schutzbrille gehört genauso dazu wie der weiße Arbeitskittel. Mit dieser Ausrüstung ähnelt die angehenden Chemielaborantin Sarah Reich allen Kollegen, die an diesem Tag zusammen mit ihr im Lehrlabor bei Beiersdorf stehen und Experimente durchführen. Eine Apparatur türmt sich vor der 23-Jährigen auf. Ein permanentes Brummen ist zu hören. Unentwegt saugt ein großer Abzug die Dämpfe ab, die bei Sarahs Arbeit entstehen. "Ziel ist es heute, zwei Stoffsysteme voneinander zu trennen, eine Extraktion also", erklärt sie und schaut konzentriert auf eine sprudelnde Flüssigkeit. "Aus Orangenschale möchte ich den Farbstoff und die Öle gewinnen - das dauert seine Zeit", erklärt die Auszubildende.

Hinter den Chemielaboranten steht mit wachsamem Auge Ausbilder Hans-Jürgen Knüppel-Dudas, der Tipps gibt und seine Schüler korrigiert. "Die Schutzkleidung ist bei der Arbeit Pflicht", sagt der 54-Jährige. "Denn Sicherheit steht im Chemielabor an erster Stelle."

Bereits in der Schule wusste Sarah Reich, dass sie sich in den Naturwissenschaften zu Hause fühlt. Deshalb fiel es ihr vor zweieinhalb Jahren auch nicht schwer, aus dem brandenburgischen Prenzlau in den hohen Norden zu ziehen, um im Hamburger Unternehmen eine dreijährige Ausbildung zu absolvieren. Beiersdorf hat die Möglichkeit, die eigentlich dreieinhalbjährige Ausbildung zu verkürzen. "Mir sind schon im Schulunterricht die Experimente leichtgefallen", erzählt Sarah. "Und ich fand es immer wahnsinnig spannend, zu sehen, wie die Stoffe aufgebaut sind und wie alles funktioniert." Genau das erlebt Sarah Reich jetzt täglich bei ihrer Arbeit im Labor.

In den drei Jahren der Ausbildung gibt es mehrere Praxisblöcke im Lehrlabor. Die zukünftigen Laboranten besuchen die Berufsschule, lernen aber auch schon die "echte Arbeit" in verschiedenen Arbeitsgruppen bei Beiersdorf kennen. "Im Bereich Forschung und Entwicklung habe ich mich mit Deos beschäftigt, Rohstoffe getestet, neue Rezepturen entwickelt", sagt die 23-Jährige. "Die Arbeit besteht zum Beispiel darin, Ansätze zu mischen, sie zu rühren und zu erhitzen, um damit herauszufinden, ob ein Produkt stabil ist. Das heißt, es wird in diesem Fall geschaut, ob ein Deo seine Konsistenz behält, wie sich Wärme und Kälte auf das Produkt auswirken."

Ein anderer Arbeitsbereich in der Chemie ist die Analytik. Hier geht es darum, fertige Produkte einer Qualitätskontrolle zu unterziehen. Hier testete Sarah im Team von Tesa die Klebkraft und die Reißfestigkeit der Klebestreifen. "In jeder Abteilung wird anders gearbeitet, aber mir hat bisher alles gefallen", sagt Sarah.

Dennoch, Ausbilder Knüppel-Dudas betont, dass es wichtig ist, sich irgendwann auf einen Bereich zu spezialisieren. "Man muss für sich herausfinden, ob man eher kreativ arbeiten möchte, um neue Produkte zu entwickeln oder unter höchster Genauigkeit Bestehendes prüfen und verbessern will", erklärt er.

"Diese Ausbildung ist überaus anspruchsvoll, hat sehr viel Tiefgang. Deshalb sind die Auswahlkriterien auch sehr differenziert." Schlechter als drei dürfe man in Mathematik nicht sein, alle anderen Naturwissenschaften müssten mit drei und besser abgeschlossen werden, und ein deutliches Interesse an Chemie muss vorhanden sein. Um einen richtigen Eindruck von der Arbeit eines Chemielaboranten zu gewinnen, sei es ratsam, ein Praktikum zu absolvieren. "Und wenn es einem in den Fingern kribbelt, dann ist es auch der richtige Job", verspricht der Ausbilder.

Auch die Zukunftsperspektiven sehen für Chemielaboranten sehr gut aus. "Viele setzen nach einer Ausbildung noch ein Chemiestudium drauf, und da ist es natürlich hilfreich, wenn man den Job bereits von der Pike auf gelernt hat", sagt Hans-Jürgen Knüppel-Dudas. Aber auch ohne Studium sind Fachkräfte in der Wirtschaft sehr gefragt. Zudem sei eine Weiterbildung zum Industriemeister in Chemie oder zum Chemotechniker eine gute Option.

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