Joséphine Wichmann erhält den Titel “Top-Talent 2010“. Besonders mit ihrer Suppenpräsentation konnte die 21-jährige gebürtige Französin punkten.

Hamburg. "Wenn ich eine Suppe wäre, dann eine Bouillabaisse. Mit ihren frischen maritimen Zutaten erinnert sie mich an meine Heimat. Die Suppe ist beliebt bei einfachen Leuten, aber auch auf der Karte in Spitzenrestaurants zu finden."

Vielleicht war es ein gutes Omen, dass Joséphine Wichmann gebürtige Französin ist. Südfranzösin, genauer gesagt. Zwar verließ sie mit vier Jahren die Festungsstadt Carcassonne, um mit ihrer Mutter nach Marburg zu ziehen. Doch ihre Liebe zum Meer und zur französischen Küche blieb. Und bescherte der 21-Jährigen nun den Titel "Top-Talent 2010". Bei einer festlichen Gala im Hotel Grand Elysée wurde Joséphine Wichmann, Azubi bei der Privatbank M. M. Warburg, am Wochenende als beste Nachwuchsköchin Hamburgs die "Silberne Escoffierschale" überreicht. Ein Preis, der nach dem großen französischen Küchenmeister Auguste Escoffier benannt und bereits zum 49. Mal vom Kochklub Gastronom verliehen wurde.

Mit Hummer, Kalbsrücken und Ananassorbet an die Spitze

Joséphine Wichmann sei eine sympathische und bescheidene Kollegin, die auf hohem kulinarischen Niveau koche, hieß es in der Laudatio. Perfektionistisch und kollegial - ein meisterlicher Balanceakt. Mit einem Drei-Gänge-Menü aus Hummer, Kalbsrücken und Ananassorbet, einer gelungenen Bankettaufgabe und einem Verkaufsgespräch, bei dem sie die Jury mit ihrer Suppenpräsentation um den Finger wickelte, warf die 21-Jährige ihre sieben Konkurrenten aus dem Rennen.

Florence K. Zwein, Auszubildende im Grand Elysée, belegte den zweiten Platz, Sarah Wiedemann vom Empire-Riverside-Hotel wurde Dritte. "Wir sind stolz auf euch, ihr seid die Zukunft unseres Handwerks", sagte Kochklub-Vorsitzender Michael Mittelberger.

Auf die Frage, was sie wie Escoffier beherrschen wolle - Rezeptkreationen, die Großen dieser Welt bekochen, Kochbücher schreiben oder die Küche organisieren - antwortete Joséphine Wichmann: "Am liebsten alles!"

Für die Warburg-Banker gibt's auch mal Currywurst und Labskaus

Es ist ihr elfter Wettbewerbssieg innerhalb eines Jahres. Außergewöhnlich ehrgeizig wirkt sie nicht, eher entschlossen. Ihr Traumjob sei nicht unbedingt, ein Sterne-Restaurant zu führen. Obwohl das Haerlin im Hotel Vier Jahreszeiten, wo sie derzeit ein Praktikum macht, schon toll sei. "Wichtiger ist mir, in netter Atmosphäre mit einem guten Team zu arbeiten."

Deshalb hat es auch gleich mit ihrem jetzigen Arbeitgeber gefunkt. "Der ruhige und stilvolle Umgang miteinander ist sehr angenehm. Das habe ich schon beim ersten Betreten der Bank gespürt", sagt Joséphine Wichmann. Den Entschluss, Köchin zu werden, fasste sie erst während des Abiturs. Ein Praktikum im Marburger Luxushotel Rosenpark habe sie darin bestärkt. Durch einen persönlichen Kontakt kam die junge blonde Frau als Azubi zur Privatbank M. M. Warburg, wo sie täglich 300 Angestellte unter anderem auch mit Labskaus, Currywurst und Wokgerichten fröhlich stimmt. In der Chefküche wird gehobene deutsche Küche für Kunden und Partner der Bank gekocht.

Ihr bisher größtes Lob habe sie von ihrem Küchenchef Hartmut Woesner bekommen: "Nach einem meiner Siege hat er mich spontan auf den Arm genommen." Als Dankeschön für alles, was sie von ihm gelernt hat - Diplomatie, Ruhe und kreative Denkanstöße - will sie ihn jetzt auf ein großes Bier einladen. Für ihren Gewinn - ein Praktikum in Brenners Parkhotel in Baden-Baden und eine Weiterbildung in Culinary Art - wird sie die ruhige Bank wohl oder übel einmal verlassen müssen.

Auch zu Hause in der WG wird gekocht: saisonal und mit Leidenschaft

Zum Kochen ist Joséphine Wichmann aus pragmatischen Gründen gekommen. "Bei uns zu Hause hieß es immer: Wer nicht kocht, muss abwaschen." Mit 14 Jahren hatte sie das Abwaschen satt, lernte zu kochen wie ihre Mutter Sabine, die im Wechsel mit der älteren Schwester Amanda zu den Preisverleihungen mitkommt. Am liebsten kocht sie Ratatouille. Ihr Leibgericht? "Nein, Lieblingsspeisen langweilen mich irgendwann." Dennoch wird mit Leidenschaft und mit ihrer WG-Partnerin in Ottensen gekocht.

Am liebsten Saisonales, zurzeit Spargel. Wenn die 21-Jährige einmal nicht am Herd steht, nutzt sie jeden Sonnenstrahl, um im Woehlers Park "Slag Line", also das Laufen auf einem Seil, zu trainieren. "Wenn man ordentlich übt, ist es irgendwann ganz leicht." Am 7. Mai wird das Top-Talent erneut geehrt: Beim Großen Gourmetpreis auf dem Süllberg darf Wichmann den Sterneköchen über die Schulter gucken.