Hamburg. Sie sollten es einmal besser haben – und das hatten sie. Warum die heutige Generation schlechter lebt, als sie aufgewachsen ist.

„Hören Sie ihm zu. Sie mögen ein Dutzend wichtiger Dinge auf dem Herzen haben, aber wenn er heimkommt, ist nicht der geeignete Augenblick, darüber zu sprechen. Lassen Sie ihn zuerst erzählen – und vergessen Sie nicht, dass seine Gesprächsthemen wichtiger sind als Ihre.“

Hach, immer wieder schön, der „Ratgeber für eine gute Ehefrau“. So absurd, dass man heute nicht ansatzweise glauben kann, dass das mal jemand wahrhaftig so gemeint haben soll. Aber doch, 1955 war das zumindest in manchen Haushalten bitterer Ernst.

Immobilien Hamburg: Beim Thema Wohnen gibt es eine Kehrtwende

1955. Für alle, die nicht erst in diesem Jahrtausend geboren sind und für die nicht alles mit „dieser 19 davor“ ohnehin quasi aus dem Mittelalter kommt, ist das noch gar nicht so lange her.

Vor gerade mal gut zwei Generationen hieß es noch: „Denken Sie daran: Er ist der Hausherr und als dieser wird er seinen Willen stets mit Fairness und Aufrichtigkeit durchsetzen. Sie haben kein Recht, ihn in Frage zu stellen.“ Seitdem ist sehr viel in unseren Haushalten passiert. Beim Zuhause an sich jedoch gibt es teilweise eine Kehrtwende.

Traum vom Eigenheim – für die Nachkriegsgeneration durchaus zu erfüllen

1955 wohnte eine Generation, die den Krieg erlebt hatte. Die Ansprüche wuchsen erst mit der Zeit. In ländlichen Regionen waren Plumpsklos genauso normal wie fünfköpfige Familien, die in der Großstadt auf 50 Quadratmetern lebten. Ein eigenes Kinderzimmer? Für die Nachkriegsgeneration sicher keine Selbstverständlichkeit.

Sie sollte es einmal besser haben. Ein besseres Leben (nicht nur für Hausfrauen und die, die keine mehr sein wollten), ein besseres Zuhause. Und bei vielen war das auch so.

Der Traum vom Eigenheim, für diese Generation durchaus zu erfüllen. Und damit ging es ihr besser als den Kindern heute.

Immobilien: Mietobjekt statt Eigenheim, Etagenwohnung statt Reihenhaus

Das hier ist keine signifikante Umfrage, nur eine Stichprobenanalyse gespeist mit Daten aus der eigenen Bubble. Doch diese ergibt: Viele aus der heutigen jungen Elterngeneration wohnen schlechter als sie aufgewachsen sind.

Dabei geht es schlicht um die Immobilienkategorie. Mietobjekt statt Eigenheim, Etagenwohnung statt Reihenhaus, Abstellkammer statt Vollkeller, Mini-Balkon statt Rasenfläche, auf der man Fußball spielen konnte.

Wohnen in Hamburg: Im Einfamilienhaus aufgewachsen, mit Familie in der Altbauwohnung

Da ist zum Beispiel diese junge Familie, die zu viert in einer Drei-Zimmer-Mietwohnung lebt. Zwar in einem zentralen Hamburger Stadtteil, aber bald, zugunsten des zweiten Kinderzimmers, ohne Wohnzimmer. Dafür mit Staffelmiete. Aufgewachsen sind beide Elternteile ebenfalls in der Stadt, das aber jeweils in einem Einfamilienhaus mit Garten, in Niendorf und Volksdorf. Für sie wäre ein Zuhause wie in ihrer Kindheit heute weder in dem einem noch in dem anderen Stadtteil realisierbar.

Dann gibt es die Freundin, ebenfalls im schon lange abbezahlten Einfamilienhaus aufgewachsen, wenn auch in Hannover, und die mit Mann und Kind in einer Genossenschaftswohnung in Altona lebt. Weil sie aber, wie immer noch eine Mehrheit der Deutschen, gerne Eigentum hätten, suchen und suchen sie. Jüngste einigermaßen realistische Option: eine 90 Quadratmeter große Altbauwohnung in Bahrenfeld.

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Oder die Bekannte, die auf dem Dorf in Thüringen aufgewachsen ist, mit so viel Platz, dass auf dem Grundstück ein weiteres Haus gebaut werden konnte, das nicht mal in Sichtweite zum Elternhaus liegt. Weil sie und ihr Mann nach der Geburt des zweiten Kindes aus der Zweieinhalbzimmerwohnung im Grindelviertel raus mussten, aber sowohl in als auch um Hamburg kein Eigenheim mit zumindest ein paar Quadratmetern Grün finanzierbar gewesen wäre, wohnen sie nun dort, auf dem elterlichen Grundstück.

Wohnen Hamburg: Die ganze besondere Ironie des Immobilienschicksals

Dass sie damals gar nicht schnell genug dort wegkommen konnte und sich geschworen hat, nie wieder aufs Dorf zu ziehen, ist eine ganz besondere Ironie des Immobilienschicksals.

Aber solange sie nicht anfängt, es als ihr tägliches Ziel anzusehen, dafür zu sorgen, „dass ihr Zuhause ein Ort voller Frieden, Ordnung und Behaglichkeit ist, wo ihr Mann Körper und Geist erfrischen kann“, ist diese Kehrtwende sicher kein Rückschritt.