Hamburg. Lisa und David sind die Wunschkandidaten jedes Vermieters. Trotzdem bekamen sie lauter Absagen. Doch dann hatten sie eine Idee.

Es ist noch gar nicht so lange her, da hing alles an der gedruckten Sonnabendausgabe der Zeitung. Dick und fett war die – und heiß begehrt, was nicht an den Sonderangebotsanzeigen für Schweinehälften lag. Sondern am Immobilienteil. Seitenweise in kleinen Spalten gedruckte Annoncen, beim ersten Kaffee des Tages verschlungen, das Festnetztelefon griffbereit auf dem Küchentisch. Wer in Hamburg eine Wohnung suchte, der guckte hier rein.

Heute hat man Suchassistenten auf sämtlichen Immoportalen, aktiviert die Alarmfunktion bei Ebay Kleinanzeigen und steckt in Mailverteilern aller bekannten Maklerbüros. Und findet am Ende doch keine Immobilie.

Immobilien Hamburg: Viele Wohnungen gehen unter der Hand weg

„Das Problem ist, dass die meisten Wohnungen unter der Hand weggehen“, sagt Lisa. Die Hamburgerin muss es wissen. Seit anderthalb Jahren suchten sie und ihr Freund David ein neues Zuhause, erfolglos. 250 Bewerbungen haben sie in der Zeit abgeschickt, waren bei 30 Besichtigungen. Das Ergebnis: zwei Zusagen, die am Ende aber nichts wert gewesen sind.

Denn die eine Wohnung hatte plötzlich doch keinen Keller, dafür aber Schimmel. Und bei der anderen wollte der private Vermieter den Mietvertrag zum 1. des nächsten Monats abschließen, obwohl die Besichtigung erst am 29. gewesen war. Nachdem das Paar gefragt hatte, ob man sich zumindest auf den 15. einigen könne, habe es vom Wohnungsbesitzer eine Predigt darüber gegeben, wie dreist es denn sei, als Mieter über ein Einzugsdatum verhandeln zu wollen.

Wohnung mieten: Trotz allem immer auf das Bauchgefühl hören

Schlechter Zustand oder schlechtes Bauchgefühl – zwei gute Gründe, die Wohnungen doch nicht zu nehmen. Auch wenn man verzweifelt sucht.

Lisa und ihr Freund David sind eigentlich die Wunschkandidaten eines jeden Vermieters. Die beiden 30-Jährigen haben seit mehr als zehn Jahren feste Jobs, er ist Ingenieur, sie Flugbegleiterin mit einem zusätzlichen Bürojob. Aktuell wohnen sie auf 50 Quadratmetern in der Nähe des Mühlenkamps und hätten gerne etwas Größeres, weil sie sich im Homeoffice „auf die Füße treten“, aber auch mit Blick in die Zukunft.

Immobilie gesucht: Ab 80 Quadratmeter, bis 2100 Euro warm – zu viel verlangt?

Ihre Suchkriterien: Altbau, ab 80 Quadratmeter, gerne Balkon, bis 2100 Euro warm. Bevorzugte Stadtteile: Winterhude, Eppendorf, Uhlenhorst, St. Georg, Barmbek.

Ja, natürlich, wer den Radius um diese Gegend zieht, hat nur eine begrenzte Auswahl und viel Konkurrenz. Aber ist es wirklich zu viel verlangt, in dem Umkreis, in dem man seit mehr als zehn Jahren verwurzelt ist, in dem man arbeitet und in dem viele Freunde wohnen, bleiben zu können? Von falschen Vorstellungen oder überzogenen Ansprüchen kann man hier auf jeden Fall nicht sprechen. Schon gar nicht bei dem Budget.

Wohnungsbesichtigung in Hamburg mit 50 anderen „Katalogpaaren“

2100 Euro sind ja schon eine Menge Geld“, sagt Lisa. „Vor zehn Jahre hat man hier dafür noch einen Palast bekommen.“ Angefangen hatten sie übrigens mit einer Obergrenze von 1600 Euro. Wie naiv man zu Beginn einer Suche doch ist.

Und heute? Steht man mit 50 anderen „Katalogpaaren“ bei einer Massenbesichtigung und bekommt lauter Absagen. Wobei die Besichtigungen ja immer nur die Spitze des Eisbergs sind. Auch wenn man sich dafür jedes Mal freinehmen muss, weil diese zu den absurdesten Tageszeiten stattfinden. Oder sogar seinen Urlaub verschiebt.

Mietwohnung: Das war die absurdeste Absage eines Vermieters

Doch der ganze Suchprozess erfordert ein gewaltiges Arbeitspensum. Anzeigen sichten, anschreiben, Unterlagen zur Verfügung stellen, Termine planen und Hausverwaltungen „hinterherlaufen“, weil man, wie Lisa berichtet, von 90 Prozent gar keine Rückmeldung bekommt. „Das ist wie ein Zweitjob“, sagt Lisa.

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Die absurdeste Absage kam übrigens nach einer Besichtigung, bei der der Vermieter sie aufgefordert hatte, ihren Personalausweis abzufotografieren. Auf dem Bild von Lisa war ihr Daumen mit drauf. Woraufhin der Wohnungsbesitzer ihr später mailte, dass sie ja eine Nagelbettverletzung habe – und vielleicht deshalb bislang keine Wohnung gefunden habe.

Immobilien Hamburg: Aushang am Ampelmast – richtig schön oldschool

Klar war: So konnte es nicht weitergehen. Also gingen Lisa und David in die Offensive – und hängten Zettel mit ihren Suchkriterien und Daten inklusive Foto an Dutzende Laternenpfeiler und Ampelmasten im Viertel. Richtig schön oldschool, mehr analog geht gar nicht. Die Zeitungsannonce lässt grüßen.

Und was soll man sagen? Nur kurze Zeit später hat sich ein Mieter gemeldet und sie als seine Nachmieter vorgeschlagen. Jetzt haben die beiden eine Zusage. Für ihre „Traumwohnung“. Wie schön, dass wenigstens manches auf diesem abgehobenen Immobilienmarkt immer noch ist wie früher.