Wie bringe ich meine beiden Töchter dazu, die TV-Soaps auch mal abzuschalten? Einige davon haben sogar echten Suchtcharakter.

Hamburg. Sie kennen doch den Spruch: Bad news are good news - schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten. Das ist zwar zynisch, aber mir kommt die Studie gerade recht, wonach Dauerglotzer, also jene, die täglich mindestens vier Stunden vor dem Fernseher verbringen, früher sterben. Und zwar nicht, wie man denken sollte, wegen Ärger über dauernde Wiederholungen und schlechtes Programm, sondern mangels Bewegung.

Das ist doch etwas, mit dem ich punkten kann gegenüber meinen Töchtern, die eine 14, die andere 15 Jahre alt. Beide würden nämlich am liebsten bereits am frühen Nachmittag nach der Schule "kurz" vor der Glotze "abhängen", um sich dann - nach einer weiteren kurzen Pause vor den Schulbüchern - den geliebten Billig-Soaps im Vorabendprogramm zu widmen. Verschwiegen habe ich die ungezählten Stunden vor unseren Laptops, die die beiden mit Chatten oder irgendwelchen Spielchen verbringen. Einige davon haben echten Suchtcharakter, wie meine Große unlängst gestand. "Man, Mama, das hat mich jetzt mein ganzes Geld gekostet, dass ich deinetwegen aufhören musste." Erschrocken fragte ich: "Du spielst um Geld?" Zu unser aller Glück war es rein "virtuell". Aber ich muss gestehen: Da habe ich gemerkt, dass ich den Überblick verloren habe, womit sich meine Mädels die Zeit vor dem Laptop vertreiben.

Zu meinem Trost bin ich keine Ausnahme, wie mir Thomas Voss, Leiter des Programmbereichs Medienkompetenz bei der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH), verrät. "Aktuelle Studien zeigen, dass Eltern von Kindern unter zehn Jahren hierzulande schon fast übervorsorglich den Umgang mit Fernsehen und PC begleiten, während sich das fast schlagartig ändert, wenn die Kinder älter werden", sagt der Medienexperte, selbst Vater von vier Kindern. So hätten Eltern bei Kindern ab 14 Jahren fast gar keine Ahnung mehr, womit sich diese am PC beschäftigen. Handlungsbedarf bestehe also. Dabei verweist der promovierte Medienpädagoge auf die Gefahren durch das Cyber-Mobbing. "Es verleiht Kindern mithilfe des Handys eine ungeheure Macht über andere, was viele Erwachsene unterschätzen", sagt Voss. Umso wichtiger sei es, sowohl den Jugendlichen als auch den Erwachsenen Medienkompetenz zu vermitteln.

Eine Aufgabe, die der Gesetzgeber auf die Medienanstalt übertragen hat. "Eine lückenlose Aufsicht über das Medium Internet ist unmöglich", sagt Direktor Thomas Fuchs, "das spüren wir bei unserer Arbeit als ,Internet-Behörde' täglich. Deshalb setzen wir auf die Förderung der Medienkompetenz. Sie ist die wirksamste Form, um Kinder und Jugendliche dazu zu befähigen, sich kompetent und selbstbestimmt in der virtuellen Welt zu bewegen."

Verfolgt wird dieses Ziel mithilfe von unzähligen Projekten. Zwei davon finde ich nach meinen Recherchen besonders empfehlenswert: der "PC- und Internetführerschein für 8- bis 13-Jährige", bei dem Medienpädagogen in den Horten Kinder kostenlos im Umgang mit dem Internet schulen. Und die "Aktion Sicheres Internet": Sie wendet sich an Eltern und Pädagogen an Schulen. Experten gewähren hier Einblicke in die Welt des World Wide Web, des Handys und der Computer-Spiele ( www.mahsh-online.de ).

Auch Medienexperte Voss ist zuversichtlich, dass beide Programme sinnvoll sind, nicht zuletzt, weil eine andere Studie ein erstaunliches Ergebnis offenbarte. Ausgerechnet Studierende in den Lehramtsfächern sind wenig "medienaffin". Dabei müssten gerade die sich mit dem Einfluss der virtuellen Welt auf ihre Schüler vertraut machen. Geplant sind daher Projektwochen an den norddeutschen Hochschulen, um hier die Medienkompetenz zu fördern.

+++ Teil 1 der Serie: Ein gutes Bauchgefühl - jetzt wird alles anders +++

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+++ Teil 12 der Serie: Schule - Mach doch mal eine Pause +++

+++ Teil 13 der Serie: Reisen & Ausflüge - Dem Himmel gern nah +++

+++ Teil 14 der Serie: Probleme & Krisen: Die Quälgeister, die ich rief +++

Ein Projekt möchte ich besonders hervorheben, die "Klickerkids" ( www.klickerkids.de ), eine Internetzeitung von Hamburger Kindern für Kinder. Oder die "Radiofüchse", gemacht von Kindern aus St. Pauli und etwa alle acht Wochen live zu hören über das Kinderradio Wilde Welle auf FSK 93,0 ( www.online.radiofuechse.de ). Außerdem gibt es die Webseite www.fragfinn.de , die redaktionell geprüfte Internetseiten für Kinder auflistet.

Wegweisend im sprichwörtlichen Sinne ist auch die Publikation "Flimmo" vom Verein Programmberatung für Eltern. Sie liegt in Bücherhallen oder bei Kinderärzten kostenlos aus, ist aber auch abrufbar unter www.flimmo.de - hier werden Sendungen für Kinder und Jugendliche für die nächsten 14 Tage gesichtet. "Seit Kurzem bieten wir auch ein Fachportal für Pädagogen an", sagt Redaktionsleiter Michael Gurt. Er rät Eltern, das Fernsehen zu begleiten und einzugrenzen. "Wir empfehlen, mithilfe von Gutscheinen ein Modell zu erarbeiten, in dem festgehalten wird, welche Sendungen wann geschaut werden dürfen." Man sollte sich selbst die Frage stellen, warum die Medien im Leben der Kinder so wichtig sind und ob man ein gutes Vorbild abgebe, rät Gurt.

Um das zu sein, jogge ich jetzt regelmäßig. Seit Kurzem begleitet mich meine große Tochter. Warum? Sie ist Fan von "Germany's Next Topmodel"!

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