Hamburg. Der 17 Jahre alte Losseni Koné vom SC Alstertal-Langenhorn startet in Düsseldorf in der Superschwergewichtsklasse.

Niemand käme auf die Idee, ihn an der Supermarktkasse nach seinem Ausweis zu fragen, wenn er harten Alkohol kaufen wollte. In keiner Diskothek der Welt müsste er sein Alter nachweisen, um Einlass zu finden. Und an die Bemerkung, er sei doch sicherlich in den gleichen Zaubertrank gefallen wie Obelix, hat sich Losseni Koné auch gewöhnt. Trotzdem freut er sich auf den 11. April, den Tag, an dem er volljährig wird. „Dann“, sagt der 17-Jährige, „wird hoffentlich nicht mehr so viel über meine außergewöhnliche Statur geredet.“

Dass Losseni Koné als Hamburgs größtes Judotalent gilt, könnte man auch wörtlich nehmen. 190 Zentimeter, 110 Kilogramm, Schuhgröße 48 – das sind die Maße, die nicht nur jeden wundern, der weiß, dass seine Eltern beide nur 1,70 Meter groß sind. Doch wer Landestrainer Slavko Tekic, der den Elftklässler von der Eliteschule des Sports am Alten Teichweg dreimal in der Woche coacht, über Koné sprechen hört, der ahnt, dass es längst nicht nur die physischen Voraussetzungen sind, die ihn aus der Masse hervorheben. „Losseni hat gerade erst angefangen, wie ein Leistungssportler zu trainieren“, sagt er, „wenn wir sein Kämpferprofil verbessern und er noch beweglicher und athletischer ist, wird er in Deutschland Chef auf der Matte sein.“

Koné startet dieser Saison in der Bundesliga

In dieser Saison wird der Koloss vom SC Alstertal-Langenhorn erstmals für das von Tekic trainierte Hamburger Judo-Team antreten, das zuletzt dreimal in Serie den deutschen Mannschaftsmeistertitel gewinnen konnte. „Er wird dort auf Anhieb eine Verstärkung sein“, glaubt der Coach. Anlass, ihm zu glauben, gibt der dritte Platz, den der Superschwergewichtler Ende Januar bei den deutschen Einzelmeisterschaften in Stuttgart belegte – bei den Männern wohlgemerkt. „Davon war ich selbst überrascht, das hatte ich nicht erwartet“, sagt Koné. Der Lohn: An diesem Wochenende darf er beim größten internationalen Judoevent in Deutschland, dem Grand Slam in Düsseldorf, auf die Matte gehen.

„Tierisch aufgeregt“ sei er, sagt Koné in einem Tonfall, der eher danach klingt, als stünde er vor einem Entspannungsspaziergang an der Elbe. Das jedoch liege daran, dass er grundsätzlich ein ruhiger Mensch sei. Judo, das aus Japan stammt und übersetzt „der sanfte Weg“ bedeutet, passe deshalb auch besser zu ihm als das Boxen, das ihm seine Eltern damals empfohlen hatten, weil er als Sechsjähriger nicht wusste, wie er die Aggressionen in seinem schon damals wuchtigen Körper kanalisieren sollte. Außerdem waren auch sein Vater und Großvater Judoka. „Judo ist ein Verteidigungssport. Boxen finde ich zu brutal, weil es darum geht, einen Gegner auszuknocken“, sagt er. Dass er aussieht wie eine Mischung aus Mike Tyson und Muhammad Ali, ist eine feine Ironie des Schicksals.

Lieblingsessen kommt von der Elfenbeinküste

Eine Frage, die angesichts seines Körperbaus auf der Hand liegt, ist die nach seinen Essgewohnheiten. Einen Ernährungsberater habe er noch nicht, er achte aber darauf, nicht zu oft Fast Food zu essen, sagt der gebürtige Hamburger. Sein Lieblingsgericht: Attieke, Maniok mit Kochbanane und Fisch. Ein Gericht von der Elfenbeinküste, der Heimat seiner Eltern, die er in diesem Jahr zum zweiten Mal bereisen wird. „Dort nimmt die ganze Familie Anteil an meiner Karriere“, sagt er.

Sollte er es tatsächlich zu den Olympischen Spielen schaffen – 2024 in Paris ist das realistische Ziel, das er sich gesteckt hat -, würde also auch in Westafrika gefeiert werden. Zunächst jedoch muss nach der Grand-Slam-Premiere eine weitere Hürde übersprungen werden: die praktische Fahrprüfung. Schließlich möchte Losseni Koné gewappnet sein, falls ihn bei einer Verkehrskontrolle doch mal jemand nach dem Führerschein fragt.