Neue Details zur Kommandoaktion in Abbottabad. Ein US-Magazin enthüllt, wie Bin Laden getötet und ins Meer geworfen wurde.

Washington/Hamburg. Ist das die wahre Geschichte? Das amerikanische Magazin „New Yorker“ enthüllt in seiner neuesten Ausgabe die Kommandoaktion der US Navy Seals , die am 2. Mai im pakistanischen Abbottabad Osama Bin Laden töteten und seine Leiche im Meer versenkten. Bislang hat das Weiße Haus, hat Präsident Barack Obama sich noch nicht geäußert, ob die Darstellung des Magazins unter Berufung auf einen hochrangigen Beteiligten und viele weitere, zum Teil ungenannte Zeugen, komplett der Realität entspricht.

Nach dem Absturz eines amerikanischen Transporthubschraubers vom Typ „Chinook“ in Afghanistan gibt es Spekulationen um einen Racheakt der radikalislamischen Taliban. So berichteten Vertreter westlicher Geheimdienste der Nachrichtenagentur dapd in Kabul, „dass man Hinweisen nachgeht, wonach sich unter den afghanischen Soldaten an Bord ein Selbstmordattentäter befunden haben könnte“. Er habe möglicherweise mit einer eingeschmuggelten Bombe den Hubschrauber zum Absturz gebracht. Alle 31 amerikanischen und 7 afghanische Soldaten kamen dabei in der Nacht zum Sonnabend ums Leben.

Die Taliban hatten behauptet, sie hätten den Hubschrauber bei dem Gefecht in der Region Wardak südwestlich von Kabul abgeschossen. CIA-Kreise wiesen aber darauf hin, dass die Taliban auf Befehl ihres Anführers Mullah Omar immer mehr dazu übergehen, Attentäter in Uniformen der afghanischen Armee in die Isaf-Truppen einzuschleusen. Die afghanischen Soldaten waren in Begleitung der amerikanischen Spezialtruppe Navy Seals, deren Angehörige am 2. Mai Al-Qaida-Chef Osama Bin Laden in seinem pakistanischen Versteck getötet hatten. Auch deshalb drängt sich der Verdacht auf, dass die Taliban gezielt an Soldaten des US-Spezialkommandos Rache üben.

Die neuen Details über die Kommandoaktion gegen Bin Laden könnten den Umgang der US-Regierung mit dem Top-Terroristen in ein anderes Licht rücken. Die USA hatten offenbar nicht vor, Bin Laden gefangen zu nehmen. „Niemand wollte Gefangene machen“, sagte ein namentlich nicht genannter Beteiligter der Operation dem angesehenen Magazin. Der unbewaffnete Bin Laden sei erst in die Brust, dann in den Kopf geschossen worden.

Allerdings habe ein zweiter Soldat neben dem Todesschützen im selben Zimmer zwei Frauen Bin Ladens festgehalten und umarmt. Die US-Einheit fürchtete, die Frauen würden Sprengstoffgürtel tragen und sie zünden. Der Funkspruch, den der Todesschütze direkt nach der Erschießung Bin Ladens absetzte sei gewesen: „Für Gott und Vaterland. Geronimo, Geronimo, Geronimo.“ Kurz darauf sagte er den Code „Geronimo EKIA“. Der Name des Indianerhäuptlings Geronimo war für Bin Laden gewählt worden. Er sollte genannt werden, wenn die Amerikaner den Al-Qaida-Chef nach gut neunjähriger Suche erblicken. „EKIA“ steht für „enemy killed in action“ – Feind im Kampf getötet.

Die Crew, die insgesamt 38 Minuten für den Einsatz im Haus benötigte und einen defekten Hubschrauber in Pakistan lassen musste, hatte neben den Soldaten einen Übersetzer an Bord sowie einen belgischen Schäferhund namens „Cairo“. Der Hund hätte Verstecke von weiteren Personen im Haus finden sollen. Der Übersetzer hat offenbar auf Paschtu Nachbarn beruhigt, die zur Mauer des Anwesens kamen und sich über den Lärm wunderten.

In Washington hat Präsident Barack Obama mit seinen engsten Beratern und Außenministerin Hillary Clinton das Geschehen verfolgt, die Aktion selbst aber nicht live sehen können. Die Soldaten sollen keine Helmkameras getragen haben. Obama hatte sich wenige Tage Bedenkzeit genommen, ehe er den Einsatz in Pakistan gegen Bin Laden anordnete. Am Morgen noch hatte er neun Löcher Golf gespielt, heißt es im „New Yorker“. Die Tötung Bin Ladens räumte den letzten Zweifel an Obamas Entschlossenheit aus, mit allen Mitteln gegen al-Qaida vorzugehen. Dabei hatte er bereits als Kandidat im Wahlkampf 2008 sinngemäß gesagt: „Wenn wir ihn im Blickfeld haben und die Pakistanis unfähig oder nicht willens ist, ihn festzusetzen, werden wir handeln. Wir werden Bin Laden töten.“

Der „New Yorker“ schreibt auch, dass ein Top-Berater Obamas sich noch in Saudi-Arabien erkundigt hat, wie man mit der Leiche umgehen kann. Osama Bin Ladens Leiche wurde nach muslimischem Ritus behandelt und in Tücher eingewickelt. Unüblich ist allerdings die Seebestattung. Die Amerikaner flogen die Leiche auf einen Flugzeugträger und versenkten den Terroristen-Chef von der tiefsten Plattform im Indischen Ozean.