Wer als Vermessungstechniker arbeiten möchte, darf die höhere Mathematik nicht scheuen. Ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen ist Bedingung

War es Zufall oder das Ergebnis einer einjährigen Orientierungs- und Berufsfindungsphase? Auf jeden Fall war der Blick über die Schulter einer Vermessungstechnikerin für Janina Hintze entscheidend. Dabei hatte die Realschülerin eigentlich nur eine Bekannte von der Arbeit abholen wollen. Doch dann schaute sie gebannt auf den Bildschirm: Die Technikerin gab Messergebnisse in ein Koordinatensystem ein, verband Richtpunkte und Leitlinien zu Karten, Profilen und Massenberechnungen. "Man sieht, was man tut", dachte Janina und sah für sich durchaus eine Perspektive. "Die Erde vermessen, Gelände erfassen, das will ich auch."

Die Schulabgängerin aus Glinde bewarb sich für eine Lehre als Vermessungstechnikerin beim Katasteramt und bei der Hamburg Port Authority (HPA) und landete in beiden Fällen beim Landesbetrieb für Geoinformation und Vermessung: Dorthin schickt auch die Hafenverwaltung ihre Kandidaten erst einmal zur Eignungsprüfung.

Wer in der Landesvermessung landen will, darf die höhere Mathematik nicht scheuen", erklärt Norbert Glang. Der Leiter des Vermessungsdienstes für die Hafeninfrastruktur erwartet von angehenden Vermessungstechnikern, dass sie sich mit Integral- und Differenzialrechnung sowie der Trigonometrie und ihren Winkelfunktionen einigermaßen auskennen. "Die technischen Geräte werden immer komplexer, die Anforderungen an die Mitarbeiter immer höher", erklärt Ausbilder Glang die Eignungsprüfung. Schließlich arbeitet die Vermessungstechnik längst nicht mehr mit Rollband, Winkelprismen und Schnurlot, sondern digital mit Tachymeter, GPS, Laserscannern und 3-D-Modellen.

Janina Hintze hat verstanden und bestanden: die mittlere Reife mit "sehr gut" in Mathe und "gut" in Physik sowie Eignungsprüfung und Vorstellungsgespräch bei der HPA. Mittlerweile weiß die 22-Jährige auch den besonderen Flair ihres Arbeitsortes zu schätzen: "Wir vermessen Brücken, Kaimauern und Hafenzufahrtswege bis nach Geesthacht." Auch bei den Sicherheitsmessungen an der historischen Rethehubbrücke war die Auszubildende bereits beteiligt, und im ersten Lehrjahr wurde sie schon als Truppführerin eingesetzt.

"Man darf nicht zimperlich sein", sagt die junge Frau. Schließlich müsse man auch bei schlechtem Wetter draußen messen, schweres Gerät tragen und sich in der von Männern dominierten Hafenwelt durchsetzen. Aber gerade der Wechsel zwischen Innen- und Außendienst sei interessant: "Ich will nicht nur am Schreibtisch arbeiten."

Obwohl Janina ausschließlich an Land tätig ist, ist auch ein Sprung in die Seevermessung möglich: "Meine Vorgängerin, die gerade fertig geworden ist, arbeitet jetzt in der Peilerei." Das Vermessen von Wassertiefen und Gewässerböden wird traditionell als Peilen bezeichnet, der Fachbegriff lautet "Hydrografie". So heißt auch eine Vertiefungsrichtung im Masterstudiengang Geomatik an der HafenCity Universität, HCU. "Das ist ein kleiner Studiengang mit rund 15 Studierenden pro Jahr", sagt Professor Jochen Schiewe. Insgesamt sieht der Ingenieur sehr gute Chancen für die Fachkräfte im Vermessungswesen und eine große Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten: "Unsere Absolventen arbeiten in Ingenieurs- und Planungsbüros, für Navigationssysteme, Flugzeug- und Fahrzeugbauer."

Auch wenn die Peilerei mit hydroakustischen Geräten, den Echolotsystemen arbeitet, das Prinzip ist immer gleich: Vermessungstechniker müssen akribisch genau sein und ihre Auswertungen stets überprüfen. Schließlich sind die Daten Grundlage für Liegenschaftsämter, Baugenehmigungen und Nachweis für Eigentumsrechte. Für die Auszubildende bedeutet das zwei weitere Jahre angefüllt mit Mathematik, Geometrie und Erdkunde: "Das ist viel Stoff und Theorie", so Janina. Gut, wenn man die Daten nicht nur erfassen, sondern auch in Raum und Zeit übertragen kann: "Man braucht ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen."

Quelle: www.berufe.tv