Agim Sulejmani ist Altenpfleger. Für ihn ist seine Arbeit eine Berufung. Dabei braucht er Geduld und Einfühlungsvermögen für den Job.

"Hier ist es nie langweilig", sagt Werner Hennicke. Der alte Mann sitzt in seinem 30 Quadratmeter großen Zimmer, das mit Fotos seiner Familie und selbst gemalten Bildern dekoriert ist. Er hat eine künstlerische Ader: Gerade arbeitet Hennicke an einem Schachspiel. Die Figuren schnitzt der 91-Jährige, der seit einem Jahr im Seniorenheim Hospital zum Heiligen Geist lebt, aus Buchenholz. Werner Hennicke wohnt auf der Station, die von Agim Sulejmani betreut wird.

Täglich um sechs Uhr beginnt dessen Dienst als Altenpfleger in Haus Begonie auf dem großen Gelände in Poppenbüttel. "Das Waschen und die Medikamentengabe machen den kleinsten Teil meiner Arbeit aus", sagt der 36-Jährige. Er möchte das falsche Bild, das sein anspruchsvoller Beruf häufig in der Öffentlichkeit habe, zurechtrücken. "Wir betreuen alte Menschen, helfen ihnen, sich bei uns wohlzufühlen, hören ihre Nöte an und sind hier erste Ansprechpartner für die oft sehr alten, kranken und hilflosen Personen."

+++Fachkräfte sind gefragt+++

Menschliche Zuwendung sei entscheidend für deren Wohlbefinden, sagt der Pfleger. Dazu gehören eine Umarmung, ein Lächeln, zuweilen ein Witz. Von dem Zeitdruck, täglicher Begleiter der Altenpfleger, dürften die Bewohner dagegen nichts spüren. "Wir sind auch Schauspieler, denn wir müssen in Sekundenschnelle zwischen den sehr unterschiedlichen Bedürfnissen unserer Bewohner umschalten", sagt Sulejmani. So brauche der eine Musik und Heiterkeit, ein anderer ein Gespräch, der Dritte vor allem einen guten Zuhörer. Wer nicht flexibel ist, ist in der Altenpflege im falschen Job.

Agim Sulejmani ist seit zehn Jahren Altenpfleger im Hospital zum Heiligen Geist und übt seinen Beruf mit Leidenschaft aus. "Es ist kein Job, den man einfach so machen kann", sagt er. Bis er seine "Berufung" fand, machte er einige Umwege. Als Junge von 13 Jahren kam er mit seinen Eltern und drei Geschwistern aus Mazedonien nach Hamburg. Er machte seinen Realschulabschluss und entschied sich für eine Ausbildung zum technischen Zeichner. Den Beruf fand er jedoch schnell "zu trocken". Es folgte eine Tour als Kunstmaler durch deutsche Städte - eine aufregende Zeit, wie er heute sagt, aber nichts für ein Leben mit Familie.

Als seine Schwester eine Ausbildung zur Altenpflegerin machte, holte Sulejmani sie öfter von Arbeit ab, ließ sich von ihren Aufgaben erzählen und entschied sich schließlich zu einem Praktikum bei einem ambulanten Pflegedienst. Nach vier Wochen hatte er nicht nur Einblick in seinen zukünftigen Beruf erhalten - er hatte außerdem viel Lob von den Senioren gehört.

Derart motiviert begann Sulejmani die Ausbildung im Hospital zum Heiligen Geist und trat nach drei Jahren seinen Dienst auf der Pflegestation an. "Ich bin nicht nur Pfleger, sondern Gesprächspartner, Seelsorger, Psychologe und Freund." Die schönste Bestätigung für seine Arbeit geben ihm die Bewohner, wenn sie sich schon nach kurzer Zeit im Heim wohlfühlen und zufrieden sind. Sicher gebe es auch schwierige Momente, sagt Sulejmani. Probleme, die im Arbeitsalltag zu bewältigen sind, Abschiede und Sterben.

"Aber man bekommt so viel von den alten Menschen zurück", sagt Sulejmani. "Es ist ein Geben und Nehmen", findet er. Viele der Bewohner hätten spannende Biografien. Beeindruckend findet er auch die Lebensklugheit vieler. Eine Dame auf seiner Station sei 104 Jahre alt und trotz ständiger Schmerzen stets zufrieden. "Das ist erstaunlich. Ich beneide sie um ihre Zufriedenheit", sagt Sulejmani. Andererseits gebe es auch schwer depressive Bewohner, die anstrengend für die Pfleger seien und denen man nicht immer helfen könne.

Kraft für seinen zehrenden Beruf schöpft der Vater von zwei Kindern in seiner Freizeit, beim Sport, aber vor allem im Zusammensein mit seiner Familie. Mit dem 13-jährigen Sohn geht Sulejmani Fußball spielen. Oft sieht er erstaunte Gesichter, wenn er dort von seinem Beruf - einem "Frauenberuf" - erzählt. "Das stört mich", sagt er. "Wir sind auf unserer Station fünf Pfleger", hält er Zweiflern dann entgegen.

Sulejmani, der täglich mindestens 15 Bewohner betreut, sieht auch die Grenzen seine Tätigkeit. "Das Zuhause und die Kinder kann ich unseren Heimbewohnern nicht ersetzen." Zumal viele verwaltende Aufgaben zu seinem Job gehören. Jede Tätigkeit der Pfleger muss akribisch dokumentiert werden: wann der Bewohner in den Rollstuhl gesetzt, wann er hingelegt oder gedreht wurde. Ebenso gehören Bewegungsnachweise sowie Trinkprotokolle zur Dokumentation.

Doch dafür entschädigen ihn auch wieder die besonders schönen Erlebnisse. Zu ihnen zählt Agim Sulejmani, wenn eine demente Bewohnerin beim Hören von Musik strahlt und ein paar Tanzschritte mit ihm macht. Oder wenn Werner Hennicke dem Pfleger von seinen nächsten Schnitz-Plänen erzählt.