Für die Gehaltsverhandlung mit dem Chef brauchen Arbeitnehmer gute Vorbereitung, griffige Argumente und Überzeugungskraft.

Hamburg. In vielen Unternehmen stehen demnächst wieder Jahresgespräche an. So mancher Mitarbeiter wird dabei versuchen, dem Chef eine Gehaltserhöhung zu entlocken. Von einem Schnellschuss à la "Ach, wo wir gerade dabei sind ..." raten Experten aber dringend ab. "Das Thema muss der Mitarbeiter übers Jahr sorgfältig aufbauen", sagt Doris Mailänder, Geschäftsführerin der Personalberatung Treuenfels. Und zwar, indem er erst einmal in Vorleistung geht: neue Aufgaben übernimmt, mehr Verantwortung trägt, Projekte gut abschließt. "Muss vielleicht sogar durch das, was ich tue, mein Stellenprofil adaptiert werden? Dann habe ich hervorragende Argumente für eine Gehaltserhöhung", sagt Mailänder.

"Besonders gut wirken die Argumente, wenn man sie mit Zahlen belegen kann", sagt Bewerbungscoach Henrike Göhl. Das könnten zum Beispiel mehr Verkäufe oder verkürzte Arbeitsprozesse sein, für die der Mitarbeiter verantwortlich war. "Tragen sie zusammen, was Sie geleistet haben, und stellen Sie heraus, welchen Mehrwert Sie dem Unternehmen damit gebracht haben", rät Göhl. Wer darlegt, dass es um eine Win-win-Situation für beide Seiten geht, zeige, dass sein Wunsch nach mehr Gehalt berechtigt sei. Ohnehin dürfe der Mitarbeiter sich nicht als Bittsteller sehen. "Unterwürfig aufzutreten, hat man nicht nötig", sagt Bewerbungscoach Göhl.

Doris Mailänder rät, bei der Vorbereitung der Gehaltsverhandlung "vom Großen ins Kleine" zu gehen: "Fragen Sie sich zunächst, wie es dem Unternehmen geht." Befindet es sich in wirtschaftlich starker Lage, ist der Zeitpunkt fürs Gehaltsgespräch günstig. "Dann: Wie erfolgreich war meine Abteilung, welchen Beitrag habe ich dazu geleistet und schließlich, passt mein Gehalt dazu?"

Um die letzte Frage zu beantworten, hilft ein Blick auf die Gehaltsportale im Internet, wo vergleichbare Jobs und die dazu gehörigen Gehaltsangaben genannt werden. Auch dazu raten Experten: den eigenen Marktwert einmal mit einer Bewerbung bei einem anderen Unternehmen testen.

Vor dem Einstieg ins Gespräch heißt es dann: verhandeln üben, wo immer es geht. "Zum Beispiel mit dem Verkäufer, wenn gerade eine größere Anschaffung ansteht", sagt Personalberaterin Mailänder. "Oder in einer Gehaltsverhandlung mit einem Freund." Dieser werde ausdrücklich dazu aufgefordert zu widersprechen: "So wird die eigene Kritikfähigkeit und Argumentationsstärke trainiert."

Im Gehaltsgespräch sollte der Mitarbeiter keine Gehaltsspanne, sondern einen Betrag nennen, sagt Henrike Göhl. Argumentiert der Vorgesetzte dagegen, habe der Angestellte im besten Fall noch eine Statistik in der Hinterhand. "Oder er regt an, dass der Vorgesetzte sich beim Teamleiter über seine Leistung erkundigt - wenn es so eine Position noch dazwischen gibt."

Das Gehalt von Kollegen als Referenz zu nennen, kommt indes nicht gut an: "Es geht doch um mich, nicht um den anderen", sagt Göhl. Außerdem dürfe in Großunternehmen meist nicht über das eigene Gehalt gesprochen werden. "Also würde man quasi einen Kollegen anschwärzen, wenn man dessen Gehalt in der Verhandlung nennt." Und auch das gehört zur guten Vorbereitung: zu wissen, welche Alternativen - Dienstwagen, Firmenlaptop, Weiterbildung - man akzeptieren würde.

Wer in der Verhandlung etwas erreicht hat, kann sich auf die Bestätigung des Arbeitgebers freuen. "Er ist verpflichtet, binnen eines Monats dem Arbeitnehmer schriftlich mitzuteilen, zu welchen Konditionen dieser künftig beschäftigt wird", erklärt Dr. Volker Bahnsen, Fachanwalt für Arbeitsrecht. "Das kann ein Zusatz zum Arbeitsvertrag sein, ist aber mitunter auch nur ein formloses Schreiben. Gültig ist beides."