Lutz Basse ist seit 13 Jahren Chef der Saga GWG. Seine Entscheidung für die Immobilienwirtschaft fiel anfangs zufällig, war aber goldrichtig.

Vom Balkon seines Vorstandsbüros blickt Lutz Basse auf den Osterbekkanal. Wo sich die Zentrale von Deutschlands größtem kommunalen Wohnungsvermieter erstreckt, war noch vor einigen Jahren ein Autohandel. Jetzt sucht der Vorstandsvorsitzende der Saga GWG nach ähnlichen innerstädtischen Flächen, um den Wohnungsbau in Hamburg voranzubringen.

Gegen Ende seiner Karriere kann der 62-Jährige noch einmal richtig Gas geben. Nicht nur verwalten, sondern auch neu bauen und damit Stadtentwicklung gestalten. Neu gebaut werden wieder öffentlich geförderte Wohnungen wie im Herzen Altonas mit einer Miete von knapp unter sechs Euro pro Quadratmeter. Das war nicht immer so, seit Basse 1999 als Chef der kleineren, stadteigenen GWG Gesellschaft für Wohnen und Bauen auch die Geschicke der mehr als doppelt so großen Saga übernahm.

"Wir haben zehn Jahre hinter uns, in denen gesellschaftlicher Wandel und Zuzug unterschätzt wurden", beschreibt Basse diplomatisch die Wohnungsknappheit in Hamburg. Denn ob die Saga GWG Verwalter oder Gestalter ist, wird im Rathaus bestimmt. Basse versteht sich als Dienstleister, der viele Senate hat kommen und gehen sehen. Mit dem vom Senat initiierten Bündnis für Wohnen stehen die Ampeln allerdings auf Grün. Jährlich sollen 6000 Wohnungen neu entstehen. 1000 im Schnitt davon pro Jahr wird die Saga GWG beisteuern.

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"Im Kern geht es uns um die Wohnraumversorgung zu angemessenen Preisen, um gute Nachbarschaft und lebendige Quartiere", sagt Basse. In innenstadtnahen Quartieren wie Bramfeld, Barmbek, Horn, Hamm, Dulsberg, Rothenburgsort oder der Veddel sieht er noch großes Entwicklungspotenzial, das durch Neubau, die Aufwertung des Wohnumfelds und die Verbesserung der Infrastruktur mobilisiert werden müsse. Immerhin lebt jeder sechste Hamburger in einer Saga-Wohnung.

Basse begann seine Karriere mit einer Ausbildung zum Kaufmann für Grundstücks- und Wohnungswirtschaft in seinem Geburtsort Bremerhaven. Die Entscheidung für das Immobiliengeschäft fiel eher zufällig. Der Vater fuhr zu See. "Ich wollte eine gegenständliche Arbeit und mit Menschen zu tun haben", sagt Basse. An Berufswünsche im Kindesalter erinnert er sich kaum. Doch - da war mal was. Pastor fand er gut. "Der muss nur sonntags arbeiten."

Sein Studium der Betriebswirtschaftslehre des Handels in Bremen finanzierte er selbst durch Arbeit in seiner Ausbildungsfirma. Spezielle Immobilienstudiengänge gab es damals noch nicht. Nach dem Studium wollte er in ein größeres Unternehmen, liebäugelte mit Unilever. "Ich wollte möglichst viele Optionen", sagt Basse. Doch dann zog es ihn doch wieder in die Immobilienwirtschaft. Zur Neuen Heimat, damals Europas größter Wohnungsbaukonzern mit 400 000 Wohnungen, 6000 Beschäftigten und mehr als 100 Gesellschaften im In- und Ausland.

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Basse fing bei einer Projektentwicklungsgesellschaft der Neuen Heimat an und bekam wenig später sein erstes großes Projekt, das Columbus-Center in Bremerhaven. In das Einkaufszentrum mit Wohnungen wurden damals 250 Millionen D-Mark investiert. "Heute würde man sicher nicht mehr so hoch und kompakt bauen", sagt Basse. Doch noch heute sind die Wohnungen mit Blick auf die Weser gefragt.

Schon damals gab es erste Pläne für einen Ocean-Park auf den ungenutzten Hafenflächen. Erst viel später entstanden als Alternative die "Havenwelten" mit dem Atlantic-Hotel Sail City, dem Klimahaus Bremerhaven und der Erweiterung des Deutschen Schifffahrtsmuseums.

Basses Stationen waren immer auf Zeit. Doch an Aufgaben in der Neuen Heimat gab es keinen Mangel. "Ich habe mich nie beworben, ich bin immer geholt wurden", sagt Basse. Er baute Feuerwachen und Kindergärten.

Als er auf der Hannover-Messe sein Unternehmen präsentierte, das Infrastrukturprojekte auf den Weg brachte, sah er Besucher mit dem "Spiegel" und dem Schriftzug seines Unternehmens auf dem Titel. Das Magazin berichtete 1982, dass sich mehrere Vorstandsmitglieder persönlich bereichert hatten. Millionenschwere Verluste der Gesellschaft führten schließlich zu ihrer Abwicklung. "Ich kaufte das Heft und war völlig perplex", sagt Basse. "Unser Geschäft war von einem Tag auf den anderen kaputt, Vertrauen zerstört." Statt neue Infrastrukturprojekte anzugehen, blieben ihm nur noch Abwicklungsaufgaben. Jetzt sollte er in Nordrhein-Westfalen Wohnungsbestände der Neuen Heimat für den Verkauf vorbereiten. Doch nicht nur das. Er musste auch Arbeitsplätze abwickeln.

Aus diesem Kapitel nahm er wichtige Erfahrungen mit, die ihn bis zum heutigen Tage begleiten. "Transparenz in jeder Phase der Arbeit ist ganz wichtig", sagt Basse. "Es braucht einen kritischen Blick auf Chancen und Risiken des eigenen Handelns." Den Rat von Kollegen einzuholen, hält er für unverzichtbar.

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Das hat er bei der Saga GWG konsequent umgesetzt. 1986 kam er nach Hamburg in die Geschäftsführung der Neue Heimat Nord. Die Wohnungen der Gesellschaft wurden später an die GWG verkauft, und Basse übernahm dort die Geschäftsführung.

Veränderungen im Immobilienbereich vollziehen sich allmählich. Plötzlich ist ein Quartier abgewertet. Keiner will mehr hinziehen. Dann gibt es Leerstände. Die fehlenden oder sinkenden Mieteinnahmen schränken den Spielraum für Renovierungen und Modernisierungen ein. Basse hat das an mehreren Standorten seiner Laufbahn erlebt.

Auch als er die Saga übernahm, waren die Wohnungsbestände nicht in bester Verfassung. Dabei hätte man die ersten Ursachen für eine solche Entwicklung eigentlich schon vor zehn Jahren ausmachen können. "Der größte Feind ist die Vollvermietung", sagt Basse. Doch auch die Saga GWG lebt jetzt mit diesem Vorzug. Also müssen andere Instrumente gefunden werden, um 130 000 Wohnungen im Gleichgewicht zu halten.

"Wir haben eine dezentrale Struktur mit 18 Geschäftsstellen und ein internes Kennzahlensystem, das selbststeuernd wirkt", sagt Basse. "Jeder, vom Hausmeister bis zum Vorstand, kann seine Ziele verfolgen." Von jeder Wohnanlage bewerten fünf Prozent der Mieter die Wohnungen, das Umfeld, die Nachbarschaft und den Hausmeister. Und das kommt an bei den 875 Mitarbeitern. Die drei erfolgreichsten Geschäftsstellen werden prämiert. Das ist für die Mitarbeiter eine größere Anerkennung, als wenn Basse ihnen einmal im Jahr auf die Schulter klopft.