Igor Weigel ist Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft. Er arbeitet für die Stadtreinigung auf dem Recyclinghof Am Aschenland.

"Heute kommt fast nichts mehr weg", sagt Igor Weigel, während er mit dem Bagger Schranktüren, Regale, Parkett und Stühle in einem Container zerkleinert. Immer wieder lässt er dazu die Schaufel kreuzweise durch das Holz fahren. Verwertungsfirmen kaufen das zerstückelte Material und schreddern es, um es zu Holzfaserplatten zu verarbeiten.

Das Gros der Abfälle ist Wertstoff. Landete früher fast alles in der Müllpresse, schaut man heute genau hin. "Die Frage ist nicht mehr, was ist verwertbar?", sagt Weigel. "Sondern wie ist es verwertbar?" Vor gut einem halben Jahr hat er seine Ausbildung zur Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft abgeschlossen. Jetzt arbeitet der 33-Jährige für die Stadtreinigung Hamburg auf dem Recyclinghof Am Aschenland in Fischbek. Acht Mitarbeiter trennen dort die angelieferten Abfälle, verwerten oder entsorgen sie.

Angefangen hat Weigel bei der Stadtreinigung als studentische Aushilfe. Als er sein Chemie-Studium aufgab, entschloss er sich zu bleiben. "Gefragt sind in meinem Job Kenntnisse in Chemie und Physik, man muss aber auch anpacken können." Der Anteil an Schmutzarbeit sinke allerdings stetig. Vor allem geht es darum, die Abfallströme zu steuern und zu überwachen. "Allzu geruchsempfindlich darf man trotzdem nicht sein", sagt Waigel.

Die Frühschicht beginnt um 7.45 Uhr mit der Verteilung der Aufgaben und einem Kontrollgang. Sind alle Behälter gut verschlossen? Steht etwas auf dem Fußboden herum? Sind genügend leere Fässer und Container da? Mehrere Stunden verbringt Weigel täglich im Büro. Er bestellt neue Behälter, koordiniert Termine mit den Fahrern, berät Kunden am Telefon und rechnet am Ende des Tages die Einnahmen ab.

Für verwertbare Stoffe wie Elektroschrott, Holz mit und ohne Holzschutzmittel und Kleinschrott gibt es unterschiedliche Container. Allein Elektrogeräte werden in fünf verschiedene Gruppen sortiert. Daneben stehen Behälter für Grünabfall, Reifen, Hausmüll, Sperrmüll, Hartkunststoff, Pappe, Leichtverpackung, Bauschutt und vieles andere. Im Raum für Sondermüll stehen Fässer mit Pestiziden, Gasen, Lösungsmitteln und Reinigern. "Wir nehmen hier alles", sagt Igor Weigel. Jede Anlieferung wird im Kontrollbuch festgehalten.

Um acht Uhr öffnet das Kassenhäuschen an der Einfahrt. Auch dort sitzt Weigel regelmäßig drin. Kommt ein Kunde, sieht er dessen Müll durch und weist den Weg zum passenden Container. Bei Bedarf informiert er einen Kollegen per Funk, der sich dann darum kümmert, dass der Abfall an der richtigen Stelle landet. Denn nicht jeder Sondermüll ist für die Kunden als solcher erkennbar. So kann sich etwa Asbest in alten Balkonkästen aus Zement verbergen. Regelmäßig holt Weigel auch Abfall vor Ort ab. Etwa wenn ein Hafenbetrieb anruft, um alte Schiffsbatterien zu entsorgen oder eine wilde Müllhalde im Wald entdeckt wird. Mit dem Problemstoffmobil der Stadtreinigung fährt er zudem in Stadtteile, die entfernt von den Recyclinghöfen liegen.

Ist der letzte Kunde bei Toresschluss vom Hof, sortiert Weigel die abgegebenen Dosen mit Problemstoffen wie Gartendünger oder Arzneimitteln. "Die Problemstoffannahme ist den Fachkräften vorbehalten, denn hier muss man die chemischen Zusammenhänge kennen", sagt er. Schließlich kann die falsche Lagerung explosiver oder giftiger Stoffe gefährlich werden. Kommen etwa Chlorreiniger und Säure miteinander in Berührung, entweichen giftige Gase. Von Pikrinsäure gar würden schon wenige Milligramm reichen, um den gesamten Hof in die Luft zu sprengen. Während seiner Ausbildung auf dem Recyclinghof Bullerdeich habe mal ein älteres Ehepaar nach der Schließung ihrer Apotheke diese Säure zwischen Medikamenten und Reinstoffen abgegeben. Das gesamte Gelände wurde gesperrt, die Landeskriminalpolizei rückte mit einem gepanzerten Fahrzeug an, um den hochexplosiven Stoff abzutransportieren.

Kommen verrostete Dosen ohne Etikett bei ihm an, muss er den Inhalt bestimmen. Dafür setzt er dann eine Schutzbrille auf, streift Mundschutz und Arbeitshandschuhe über. Auch eine Gasmaske liegt bereit. Zuerst prüft Weigel die Konsistenz und riecht vorsichtig daran. Mit PH-Papier bestimmt er Säuregrad und basischen Wert. Anhand einer Tabelle kann er dann beurteilen, ob es sich um gefährliche Chemikalien handelt. "So versuchen wir Schritt für Schritt, den Stoff möglichst präzise zu identifizieren", sagt Weigel, dessen Job auch privat Spuren hinterlässt. Zu Hause ist er nämlich zum umweltbewussten Sortierer geworden. Er trennt seinen Hausmüll, hinter der Küchentür hängt der Gelbe Sack. "Und wenn ich Farben im Baumarkt kaufe, schaue ich zuerst auf dem Etikett, was da überhaupt drin ist", sagt Weigel. Was allzu umweltschädlich ist, lässt er im Regal stehen.