Sie kommen, wenn die Firma in der Krise steckt oder Führungsjobs nicht besetzt werden können. Interimsmanagement ist im Alltag angekommen.

Hamburg. Der Geschäftsführer hat gekündigt, die Nachricht macht die Runde. Nervöse Kunden rufen an, wollen wissen wie es weitergeht. Der Eigentümer der Firma handelt schnell. Statt lange nach einem Nachfolger zu suchen, engagiert er einen Interimsmanager. Ein paar Tage später ist der Mann auf Zeit vor Ort, er glättet die Wogen, führt die Geschäfte weiter.

Zwei Wochen zuvor wusste er noch nichts von seinem neuen Job. Dann kam der Anruf: Auftrag, Koffer packen, Abreisen, so ist die typische Abfolge im Leben eines Interimsmanagers. Interimsmanager sind gefragte Leute. Viele Unternehmen brauchen die Führungskräfte auf Zeit. "Interimsmanagement ist im Alltag vieler Unternehmen angekommen", sagt Hartmut Lüerßen. Er hat den Markt für den Analysten Lünendonk untersucht.

Interimsmanager überbrücken Vakanzen, sie springen ein, wenn Mitarbeiter vom normalen Arbeitsmarkt nicht so schnell zu bekommen sind, sie führen Projekte und sanieren marode Firmen. Sie sind dort, wo es brummt oder kriselt. Ankommen und loslegen, das ist die DNA dieses Berufsstandes, der von seinen Kunden meist für sechs bis zwölf Monate gebucht wird.

Interimsmanager gehen zu Kunden, in die Fabrik, sprechen bei Schichtwechsel mit dem Meister. "Wir lösen Umsetzungs-, keine Erkenntnisprobleme", umreißt Rainer Nagel von Atreus, einem Vermittler für Interimsmanager, den Unterschied zur reinen Unternehmensberatung. Weil Interimsmanager häufig die Ärmel hochkrempeln, haben sie das Image eines Cowboys. "80 Prozent derer, die in diesem Beruf sind, wollen keine Festanstellung mehr", ist von Amadeus Fire zu hören, einem auf Vermittlung von Interimsmanagern spezialisierten Dienstleister.

Warum diese Liebe zur Berufstätigkeit aus dem Koffer? "Interimsmanagement ist ein Lifestyle geworden", sagt Harald Heil, der bei Greenwell Gleeson Manager auf Zeit vermittelt. Die Vorzüge des Berufs: Wer ihn ausübt, ist unabhängig, kann sich seine Zeit frei zwischen Beruf und Familie aufteilen - und ist recht gut bezahlt.

120 bis 140 Tage ist ein Interimsmanager pro Jahr im Einsatz, ermittelte der Arbeitskreis Interim Management Provider (AIMP) in einer Umfrage. Damit hat der Manager auf Zeit einen großen Vorteil: Anders als der Angestellte muss er sich nicht über Jahre hinweg mit einem Maximum an Einsatz ohne Pause bei einer Firma verdingen. 60 freie Werktage im Jahr sind drin. Viele Einsätze sind zudem flexibel, weil der Auftraggeber nur drei oder vier Tage in der Woche bucht.

Um die 1000 Euro stellt ein Interimsmanager seinem Kunden pro Arbeitstag in Rechnung, ermittelte der AIMP. Allerdings fallen hohe Kosten an: Auto, Versicherungen, Büro, Computer, Telefon - das muss aus eigener Tasche gezahlt werden. Zudem bekommt der Interimsmanager weder Weihnachts- noch Urlaubsgeld. "Bezahlt werden nur tatsächlich geleistete Arbeitstage", sagt Anselm Görres, Vorsitzender des AIMP und Geschäftsführer von Zeitmanager München.

Wirkliche Spitzenverdiener sind in der Profession selten, nur einer von zehn Interimsmanagern kann bei seinen Kunden 1700 Euro und mehr pro Tag abrechnen. Wie in der Zeitarbeit und in der Unternehmensberatung erleben Interimsmanager einen Konjunkturzyklus mit steileren Abstürzen und Anstiegen als die Gesamtwirtschaft. Zurzeit ist die Branche wieder auf Wachstumskurs. Der Gesamtmarkt wird bis 2014 um 16 Prozent im Jahr zulegen, ermittelte eine Analyse von Lünendonk. Das wird dem Arbeitsmarkt von heute 8000 Interimsmanagern weiteren Zulauf bescheren.

Doch der Beruf stellt hohe Anforderungen. "Ein Ex-Personalmanager, der mal ein paar Mitarbeiter abgebaut hat, ist noch kein Sanierer", sagt Vermittler Harald Heil. Erfolg haben nur jene, die sich vorbehaltlos und voller Energie auf den nächsten Auftraggeber einstellen. "Schnell kapieren, was gespielt wird", beschreibt es Atreus-Chef Rainer Nagel. "In drei Tagen die ungeschriebenen Regeln erkennen und einhalten. Immer bereit sein, überall mit anzupacken."

Wer in den vergangenen Jahren schon zehn verschiedene Firmenkulturen kennengelernt hat, muss bereit sein für die elfte. Oft genug ist das ein Sanierungsjob. 40 Prozent der Einsätze 2010 kreisten um die Themen Krise, Sanierung und Restrukturierung, ermittelte Ludwig Heuse. So viel wie in den vergangenen vier Jahren nicht mehr. Hier ist Erfahrung gefragt.

Graues Haar ist auf diesem Arbeitsmarkt kein Einstellungshemmnis, sondern Karrierebeschleuniger. Am meisten gefragt ist eine Altersgruppe, bei der die Personalabteilung auf der Suche nach Angestellten schon abwinkt - die 40- bis 49-Jährigen. Sie bestreiten die Hälfte des Gesamtmarktes. Die über 50-Jährigen machen 38 Prozent des Interimsmarktes aus.