Software-Entwickler sollten Kunden stärker einbinden, fordert der Wirtschaftsinformatiker Frank Zimmermann

Hamburg. Wer hat nicht schon mal geflucht, als ein neuer DVD-Rekorder programmiert oder ein Satelliten-Empfänger mit dem Fernsehen synchronisiert werden musste? Oder wenn beim Onlineshopping mehrmals die persönlichen Daten eingegeben werden müssen, weil eine Angabe nicht korrekt ist.

Die oft angepriesene intuitive Benutzerführung ist bei vielen technischen und Softwareprodukten in der Praxis eine Schimäre. Manche Handys, Digitalkameras und Computerprogramme sind so komplex, dass viele Benutzer den eigentlichen Zweck der Technik nicht mehr verstehen.

Je mehr das Arbeitsumfeld in Unternehmen durch Softwareprodukte geprägt wird, desto mehr hat sich auch Usability, die Benutzerfreundlichkeit, zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor von Software entwickelt. "Und die Bedeutung von Usability wird weiter enorm steigen", sagt der Hamburger Buchautor und Webdesign-Experte Frank Puscher. Gerade die Vielzahl neuer mobiler Endgeräte mit unterschiedlich großen Bildschirmen wie Smartphones und Tablet-PCs erfordert ein einfaches, entschlacktes Design der Webseiten", so Puscher.

Softwareprogrammierer entwickeln oft miserable Benutzeroberflächen

"Dennoch stellt man in der Praxis leider fest, dass viele Softwareprogrammierer immer wieder inakzeptable Benutzeroberflächen entwickeln. Diese stoßen häufig bei Mitarbeitern von Unternehmen auf geringe Akzeptanz, wenn nicht sogar auf offene Ablehnung", sagt Professor Frank Zimmermann von der Nordakademie in Elmshorn. "In der Folge geben Unternehmen sehr viel Geld für Mitarbeiterschulungen und Helpdesks aus, die den Mangel ausbügeln sollen, jedoch ohne die eigentliche Ursache zu beheben", erklärt der Wirtschaftsinformatiker.

Dabei lasse sich im Vorfeld vieles mit einfachsten Mitteln verhindern. "Wenn es den Softwareentwicklern gelingt, sich in die Rolle der späteren Anwender zu versetzen, könnten viele Probleme von Anfang an vermieden werden", sagt Zimmermann. Das kann zum einen durch fiktive Personen geschehen, die man lebensnah beschreibt und die den Entwicklern so Hinweise auf die spätere Nutzung geben. Zum anderen empfiehlt Frank Zimmermann den Einsatz echter Testpersonen. Jakob Nielsen, dänischer Webdesign-Experte, hat in empirischen Studien festgestellt, dass bereits fünf Testpersonen, die frühzeitig mit der Anwendung konfrontiert werden, rund 80 Prozent aller Usability-Probleme identifizieren.

"Es bedarf eines Umdenkens des IT-Managements", sagt Professor Zimmermann und fordert, die Software laufenden Akzeptanztests zu unterziehen und damit frühzeitig auf entscheidende Usability-Probleme hinzuweisen. Der Wirtschaftsinformatiker plädiert für einen pragmatischen Ansatz ohne umfassende statistische Untersuchungen. "Softwareentwickler sollten offen dafür sein, dass Anwender permanent in Projekte integriert sind und Entwicklungen viel transparenter werden."

Die Open-Source-Plattformen im Internet zeigen, wie erfolgreich Softwarelösungen sein können, an denen Anwender freiwillig mitarbeiten. Die Online-Enzyklopädie Wikipedia, der Browser Firefox oder das Betriebssystem Linux sind Beispiele dafür.

"Innovationen entstehen heute nicht mehr in den Köpfen einer kleinen Gruppe von Spezialisten aus dem Bereich Forschung und Entwicklung", sagt die Managementberaterin Anja Förster. "Innovationen werden sich zunehmend aus einem lebendigen kollektiven Wissen speisen und die Intelligenz der Vielen nutzen."

Frank Puscher allerdings ist skeptisch, ob viele Anwender im Entwicklungsprozess ein Produkt benutzerfreundlicher machen. "Die Leute, die dabei mitmachen, haben eine Affinität zum Thema, sind aber nicht repräsentativ für die Mehrheit der Anwender." Die Gebrauchstauglichkeit lasse sich meistens mit Freunden und Verwandten sehr schnell testen.