Fachkräftemangel: Mehr als ein Dutzend spezielle Bachelorstudiengänge in Hamburg machen Hochschüler zu gesuchten Fachkräften.

Mit mehr als 220 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2011 zählt die Logistikbranche zu den drei wichtigsten Wirtschaftszweigen in Deutschland und hat ein neues Rekordergebnis eingefahren. 2,8 Millionen Menschen verdienen ihr Geld in diesem Sektor, beinahe jeder Zehnte von ihnen arbeitet in der Metropolregion Hamburg. Wenn es nach den Unternehmen ginge, könnten es noch mehr werden. Doch Personalabteilungen in der Branche tun sich zunehmend schwer damit, ausreichend viele qualifizierte Mitarbeiter zu finden.

"Logistiker sind sehr gefragt. Die Unternehmen können ihren Bedarf kaum decken", sagt Henning Kontny, Leiter des Departments für Wirtschaft an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW). Dabei ist das Ausbildungs- und Studienangebot gerade in Hamburg breit gefächert: Zehn Hochschulen in der Hansestadt bieten insgesamt mehr als ein Dutzend Bachelorstudiengänge an. Hinzu kommen etwa noch einmal so viele Masterangebote. "Die Absolventen haben kaum Schwierigkeiten, einen Job zu finden", sagt Carsten Gertz, Leiter des Instituts für Verkehrsplanung und Logistik an der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH). "Oft ergeben sich schon durch Abschlussarbeiten bei Unternehmen Jobangebote."

+++Ausbildungsmöglichkeiten: Do you speak Logistik?+++

Ob eher praktisch oder wissenschaftlich, eher technisch oder managementorientiert - an den Hochschulen in Hamburg gibt es sehr unterschiedliche Ansätze, Profile und Schwerpunktsetzungen. "Das Besondere am Angebot der HAW ist die praxisorientierte Ausrichtung auf die Industrie-Logistik", sagt Logistik-Professor Kontny. Damit seine Bachelor- und Masterabsolventen im Berufsleben erfolgreich Fuß fassen können, sind ihm zwei Dinge besonders wichtig: Interdisziplinarität und Anschlussfähigkeit. "Unsere Studenten werden nicht zu Lagertechnikern oder Wirtschaftsinformatikern ausgebildet. Aber sie müssen sich mit diesen Inhalten auseinandersetzen und ein Verständnis für angrenzende Fachgebiete entwickeln", sagt Kontny. Denn in Industrieunternehmen reichen die Aufgaben der Logistiker von der Materialbeschaffung über die Produktion und den Vertrieb bis hin zur Entsorgung. Ein breites Spektrum, das die Zusammenarbeit über Fachgebiete hinweg voraussetzt.

+++Die neuen Erstis leben sich ein+++

Nicht nur über Fachgebiete, sondern auch über Ländergrenzen hinweg ist das Masterstudium an der 2010 gegründeten Kühne Logistics University (KLU) ausgerichtet. "Zwei Drittel unserer Studenten und auch unserer Professoren kommen aus dem Ausland", sagt Verena Fritzsche, Leiterin des Studiengangsmanagements an der KLU. Das spiegelt sich auch in der Unterrichtssprache Englisch wider, die die Absolventen des wissenschaftlich ausgerichteten Studiengangs Global Logistics für das internationale Berufsleben fit machen soll. Ziele für die ersten Absolventen, die in diesem Jahr die KLU verlassen, sind beispielsweise Trainee-Programme im Warehouse- oder Supply-Chain-Management, sagt Fritzsche.

+++Drei Viertel der Firmen können Jobs nicht besetzen+++

Als große Logistikdrehscheibe Nordeuropas bietet Hamburg den Studenten gute Voraussetzungen, um schon während des Studiums nahe an wichtige Unternehmen der Branche und potenzielle Arbeitgeber heranzukommen. Ein Standortvorteil, den auch Carsten Gertz von der TUHH schätzt. Gertz betreut den ingenieurwissenschaftlich ausgerichteten Masterstudiengang Logistik, Infrastruktur und Mobilität an der TUHH. "Mit unserem Angebot wollen wir eine Brücke zwischen Logistik und Verkehr bauen", sagt der Institutsleiter. Der Gedanke hinter der Verbindung der beiden Elemente: Sowohl im Luft-, Schiffs-, Schienen- als auch im Straßenverkehr wird für den Transport von Gütern und Personen die Infrastruktur gemeinsam genutzt. Damit stellt sie für die logistische Planung auch eine gemeinsame Herausforderung dar. Ob Trassenkonflikte bei der Bahn, Nachtflugverbote an Flughäfen oder die steigenden Energiekosten - sowohl Logistikunternehmen als auch Infrastrukturbetreiber sieht Gertz als potenzielle Arbeitgeber, die vom Wissen seiner Absolventen profitieren können.