Ob Kündigung oder gescheiterte Gründung - nach einer beruflichen Niederlage muss man sich wieder aufrappeln. Experten erklären, wie das klappt.

Bernd Meier (Name geändert) war fast drei Jahre lang selbstständig. "Ich habe eigentlich pausenlos gearbeitet und es doch nicht geschafft, meine Firma erfolgreich zu machen", sagt der Werbekaufmann. Bevor die Schulden zu groß wurden, hat er seine Selbstständigkeit beendet. "Natürlich habe ich das als eine Niederlage empfunden", sagt er. "Ich bin gescheitert."

So würde Dr. Carolin Fischer, Leiterin des Bereichs Newplacement bei der Personal- und Unternehmensberatung Kienbaum das nicht stehen lassen: "Das Wort Scheitern hat so etwas Endgültiges", sagt sie. "Nennen wir es lieber Krise." Egal, ob man seine Selbstständigkeit aufgibt, eine Kündigung bekommt oder sein Studium abbricht: "Klar, wenn man mitten drinsteckt, kann man das nicht positiv sehen", sagt Fischer.

"Aber zu jammern oder anderen die Schuld zu geben, hilft in dieser Situation überhaupt nichts." Fischers Bewältigungsstrategie: sich im positiven Denken üben, die Situation analysieren, aus Fehlern lernen. "Jemand, der sich wieder aufrappelt, beweist doch viel mehr Energie als jemand, bei dem immer alles glatt läuft."

"Ob eine Kündigung als Scheitern erlebt wird, hängt auch davon ab, wie sie ausgesprochen wird", sagt Gabriele Busch, Coach und Trainerin. Je geringschätziger sie vom Arbeitgeber vermittelt wird, desto mehr Schaden richtet sie an. "Das Alter ist ebenfalls ein Kriterium", sagt die Psychologin. "Jüngere Mitarbeiter sehen eine Kündigung eher mal sportlich. Wer dagegen im Rahmen einer Restrukturierung des Alters wegen aussortiert wird, hat sicher das Gefühl, er sei gescheitert."

Er könnte es aber auch anders sehen. Etwa so: "Die Ausrichtung des Unternehmens hat sich geändert, es passt nicht mehr zu mir als Mitarbeiter." Seine Perspektive auf die Krise zu ändern ist schwierig, aber nicht unmöglich. Gabriele Busch: "Machen Sie sich klar - egal, was für ein Schicksal Sie ereilt hat -, jede Krise hat auch wieder ein Ende." Die Psychologin rät, zwar seine Lehren aus dem Erlebten zu ziehen, aber nicht zu lange mit der Vergangenheit zu hadern. "Bringen Sie sich durch Disziplin dazu, in Lösungen zu denken. Erst wenn man die Opferrolle verlässt, kann man selbst wieder Einfluss nehmen."

Ein Neustart braucht ein bisschen Zeit. "Versuchen Sie nach Möglichkeit, die Panik wegzuschieben", sagt Carolin Fischer. "Existenzängste nach einer Kündigung sind furchtbar, aber schauen Sie sich die materielle Seite einmal richtig an: Wie lange können Sie so leben wie bisher? Vielleicht sind es neun Monate statt der befürchteten drei."

Lehrreich ist so eine Krise auf jeden Fall. Schließlich muss man reflektieren: Wollte ich dieses Studium überhaupt oder wollten es meine Eltern? War ich in dieser Firma noch an der richtigen Stelle oder bin ich aus Bequemlichkeit geblieben? War es richtig zu gründen oder bin ich eher eine Persönlichkeit, die gar nicht so viel Verantwortung erträgt? Gabriele Busch: "Man lernt durch eine Krise die eigenen Bedürfnisse kennen und in künftigen Situationen die Warnzeichen früher zu erkennen."

Fehlt mir jetzt etwas oder bin ich vielleicht sogar erleichtert, dass die Krise etwas ausgelöst hat? Wer bin ich? Was sind meine Stärken und was meine Werte? Was will ich eigentlich? Mit solchen Fragen konfrontiert Andrea Bock vom Beratungsunternehmen matthiesen consulting Menschen in ihren Coachings. Bock: "Es ist schwer zu sagen, ob eine Krise durch eigene Fehler verursacht wird. Ich glaube aber eher, dass es viele Menschen gibt - gerade jüngere -, die ihre Stärken nicht kennen und sich in eine bestimmte Richtung manövrieren lassen. Und dieses Bild erweist sich hinterher oft als Illusion." Scheitern an sich hält Andrea Bock nicht für etwas Schlimmes. "Wichtig ist nur, sich jetzt nicht selbst zu kasteien und sich vorzuwerfen: Ich bin nicht gut."

Zu einem grundsätzlich neuen Blick aufs Scheitern rät Businesstrainerin Susanne Sehrt. "Veränderungen sind doch heute zum Normalzustand geworden", sagt sie. Entlassen werde vor dem Hintergrund einer globalen Wirtschaft und nicht aus persönlichen Gründen. Am besten sei es, sein Selbstwertgefühl durch so etwas nicht ankratzen zu lassen. Der erste Schritt: "Jeder, auch ein älterer Mitarbeiter, muss zur Kenntnis nehmen, dass Flexibilität, unter anderem durch lebenslanges Training, ein unabdingbares Attribut ist", sagt Psychologin Sehrt. "Auch die steilste Karriere kann jederzeit unterbrochen werden." Gut, wenn man sich dann nicht als Versager sieht, "sondern an sich glaubt und sagt: Ich kann."

Der Fachbegriff dafür heißt internale Motivation. Sehrt: "Wenn ich die Überzeugung habe 'Ich bin gut', dann muss ich nicht darauf warten, dass mir das jemand anders sagt." Um sich nach einem Schlag wieder aufzubauen, rät sie dazu, sich intensiv an einen "Moment of Excellence" zu erinnern, an eine Situation, in der man "wirklich gut war". Und diese dann noch einmal so realitätsnah wie möglich nachzuempfinden. "Das bringt mich schnell wieder in eine positive Stimmung", sagt Sehrt.

Die Fehleranalyse gehört natürlich trotz allen positiven Denkens zum Scheitern dazu. "Wenn eine Gründung nicht funktioniert, liegt das oft an zwei Dingen", sagt Carolin Fischer von Kienbaum. "Der Gründer konnte seine Idee nicht gut genug verkaufen oder er hat die finanzielle Unsicherheit nicht ausgehalten." Bernd Meier sagt, bei ihm sei es wohl das erste gewesen. "Produkte kann ich verkaufen, mich selbst nicht so gut." Darum bewirbt er sich wieder um eine Anstellung - und hofft, dass auch sein künftiger Arbeitgeber Scheitern als lehrreiche Erfahrung sieht.