Was verstehen Experten unter Nachhaltigkeit in der Personalarbeit? Substanz, Weitsicht und engagierte Führungskräfte gehören für sie dazu.

"Nachhaltigkeit ist im Moment ja das Modewort schlechthin", sagt Jens C. Hoeppe, Leiter des Personalmanagements der Bremer Landesbank. Genau wie der Satz: Unsere Mitarbeiter sind unser wichtigstes Kapital. "Oft sind das nur Worthülsen", sagt er.

Nachhaltigkeit in der Personalarbeit hat für Hoeppe mit Substanz zu tun - wie in der Holzwirtschaft, aus der der Begriff ursprünglich stammt. Weil sich die Erhaltung von Substanz aber nur langfristig auswirkt und Investitionen rechtfertigt, fehlt manchen Unternehmen noch das Bewusstsein für den Wert der Nachhaltigkeit.

Bei der Bremer Landesbank wird unterschieden zwischen Erhalt, Nachschub und Steuerung der Substanz. "Zum Erhalt gehören zum Beispiel Gesundheitsmanagement, Motivation, Führungsqualität und Vergütung", sagt Hoeppe. Dem Nachschub dient der Blick auf den externen und internen Arbeitsmarkt. In Sachen Substanzsteuerung sind vor allem die Führungskräfte gefragt, deren Aufgabe die weitsichtige Personalplanung ist.

Überhaupt, die Führungskräfte: "Es nützt nichts, wenn wir Personaler tolle Konzepte machen, aber die Führungskräfte nicht überzeugen können", sagt Hoeppe. "Die müssen sie anwenden." Seiner Erfahrung nach fängt man die Führungsriege am besten über das Thema Risiko. Zum Beispiel über die Frage, wie viele und welche Personen bei ihrem Weggang die Erfolge des Teams wesentlich gefährden würden.

Auch Ben Krischausky, Unternehmensberater und Interimsmanager, plädiert dafür, Führungskräfte fürs Risiko zu sensibilisieren, welches die demografische Entwicklung für ihre Teams bedeutet. "Die Kernaussage ist: Stell dir vor, du hast deine Mitarbeiter für die nächsten 15 Jahre - keiner kommt, keiner geht." So werde zum Beispiel die Bedeutung von Gesundheitsmanagement für jede Führungskraft greifbar. Und deren Bereitschaft wächst, Prävention, Fitness oder die Schulung an Geräten zu unterstützen.

Für Krischausky geht das Thema Nachhaltigkeit aber weit über die Bindung von Mitarbeitern durch gute Jobs, Förderung, attraktive Vergütung hinaus. "Es geht darum, herauszufinden: Was wollen die Mitarbeiter?", sagt er. Zu denen zählt er heute außer den Festangestellten auch die freien Mitarbeiter und Kooperationspartner.

Wie gut sind Unternehmen darin? "Viele gucken sogar noch kritisch, wenn es um Teilzeit geht", sagt Ben Krischausky. Andere haben verstanden und suchen für den mitziehenden Partner des ins Ausland geschickten Mitarbeiters auch einen Job. Mehr als eine nette Geste: "Unternehmen sparen viel Geld, wenn sie verhindern können, dass ein Expat seinen Auslandsaufenthalt vorzeitig abbricht, weil der Partner unzufrieden ist", sagt Krischausky. Auch solche scheinbaren Details sind ein Teil nachhaltiger Personalarbeit.

Grund für Firmen, sich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen, ist natürlich der demografische Wandel. "Um neue Mitarbeiter muss man heute stärker kämpfen", sagt David Scheffer, BWL-Professor an der Nordakademie. "Gleichzeitig müssen Unternehmen dafür sorgen, dass vorhandene Mitarbeiter motiviert und leistungsorientiert sind und dass ihre Arbeitsfähigkeit erhalten bleibt." Außer Gesundheitsmaßnahmen sieht er die Unternehmenskultur als Hebel für mehr Nachhaltigkeit. Schlüsselbegriff: personenorientierte Führung. "Das Unternehmen, der Vorgesetzte muss sich individuell auf jeden Mitarbeiter einstellen." Dazu gehöre auch, den Beschäftigten Raum zur Entfaltung zu geben. "Gerade jungen Leuten ist das heute enorm viel wert."

Der Ansatz sei die Ist-Analyse, sagt Scheffer. "Was habe ich, was brauche ich in Zukunft?" Auf Unternehmensseite ist Geduld gefragt: "Beim Gesundheitsmanagement etwa dauert es Jahre, bis sich eine Investition amortisiert."

Bei mindestens 60 Prozent der Unternehmen werde Personalarbeit noch nicht langfristig geplant, schätzt David Scheffer. Großunternehmen seien die Ersten, die das Thema aufgreifen. In Hamburg gehen Chemie-Unternehmen voran und Firmen, die ihren Sitz außerhalb Hamburgs haben. Sie spüren die Notwendigkeit besonders deutlich. Scheffer: "Dann beginnt es mit einer Haltung und wird zum großen Projekt."