Im Beruf gut zu sein ist nur häufig die halbe Miete. Oft geht es um Durchsetzungskraft. Wie bestreitet man erfolgreich Konkurrenzkämpfe?

Kaum wird in einer Firma eine Führungsposition frei, beginnt ein Hauen und Stechen. Viele wollen sich in Stellung bringen. Da wird gekungelt, der Chef hofiert und manchmal sogar eine ausgewachsene Intrige ersonnen. Machtkämpfe seien im Berufsleben völlig alltäglich, sagt Regina Michalik, Führungskräfte-Coach in Berlin. "Man hat überhaupt keine andere Möglichkeit als mitzukämpfen." Das gelte selbst dann, wenn man gar keine große Karriere machen will, sondern einfach nur seinen derzeitigen Posten verteidigen möchte.

Um Macht gekämpft wird fast immer. "Unternehmen sind mikropolitische Arenen, in denen Interessen ausgehandelt und gegebenenfalls auch gegen den Widerstand anderer Personen durchgesetzt werden", sagt Doris Cornils, Sozialökonomin an der Uni Hamburg (s. Kasten). Bei Personalentscheidungen gehe es eben längst nicht nur um die fachliche Kompetenz der Bewerber, ergänzt Michalik. Entscheidend sei auch die Machtkompetenz - also die Fähigkeit, die Interessen anderer zu durchschauen und die eigenen durchzusetzen.

Dafür braucht man ein gutes Netzwerk. "Analysieren Sie Ihr Umfeld, und machen Sie Ihr persönliches Organigramm", rät Michalik. "Wer hat welche Interessen in meinem Umfeld? Wer arbeitet mit wem, wer gegen wen? Wer unterstützt, wer behindert mich?" Daraus könne man eine Strategie entwickeln: "Wer kann mir dabei helfen, meine Ziele zu erreichen? Welche Interessen hat er selbst? Wie baue ich einen guten Kontakt dieser Person auf? Wie verhindere ich, dass mir Konkurrenten in die Quere kommen?"

Auf das offizielle Organigramm dürfe man sich nicht verlassen. Längst nicht immer ist der formelle Chef auch derjenige, bei dem die Fäden tatsächlich zusammenlaufen und der einem bei der Karriere weiterhelfen kann. "Um an dieses Wissen zu gelangen, sind wiederum die richtigen Netzwerkkontakte von Vorteil", sagt Sozialökonomin Cornils.

Als nächstes stellt sich in Sachen Machterwerb die Frage, wie man sich bei den wichtigen Entscheidungsträgern als Aufstiegskandidat präsentiert. Einen Vorschlag des Chefs in der Konferenz zu unterstützen oder auch mal auf die eigenen Erfolge hinzuweisen, seien gute Möglichkeiten, sagt Maria Hof-Glatz, Karriereberaterin aus dem schwäbischen Sigmaringen. Aber man könne durchaus auch die Arbeit eines Konkurrenten kritisieren. "Wenn diese Kritik gerechtfertigt ist, dann ist das erst mal eine legitime Machtstrategie", sagt Michalik.

Doch häufig laufen Machtkämpfe unterschwellig ab. Etwa indem ein Kollege ständig am anderen herumnörgelt oder ihm Informationen vorenthält. Die Frage, ab wann die Mittel im Machtkampf nicht mehr legitim sind, sei schwierig zu beantworten, sagt Doris Michalik. Wie weit man die Ellbogen ausfahren darf, ohne negativ aufzufallen, hänge ganz stark von der Unternehmenskultur ab.

Wer den Eindruck habe, zum Opfer von Machtspielen zu werden, dürfe das nicht tatenlos hinnehmen, mahnt Michalik. Als erstes müsse man die Situation analysieren und überlegen, welche Ziele der Kollege verfolgt. "Dann kann man ihn beiseite nehmen und sagen: 'Ich weiß, was du vorhast, und ich werde zurückschlagen.'" Allerdings müsse man dann auch wirklich bereit sein, den Kampf aufzunehmen - denn eine hohle Drohung könne zum Eigentor werden.

Viele Menschen führten solche Machtkämpfe fast schon spielerisch nebenbei. "Aber wenn einem das nicht so leicht fällt, muss man sich Strategien überlegen", sagt Michalik. Vor allem Frauen hätten häufig eine Scheu, sich bei Machtkämpfen an ihrem Arbeitsplatz zu beteiligen, erklärt Cornils. "Frauen befinden sich in dem Dilemma, dass, wenn sie Macht bejahen, das gleichzeitig bedeuten kann, von der sozialen Umwelt die Identität als Frau abgesprochen zu bekommen." Eine Frau, die im Konkurrenzkampf mit ihren Kollegen machtbewusst agiere, stehe schnell als "Mann-Weib" da.

"Frauen und Männer haben einfach unterschiedliche Wertesysteme", sagt Hof-Glatz. "Männer haben kein Problem, zu sagen: Ich will die Nummer eins sein, ich will mich durchsetzen, selbst wenn ich bei den Kollegen dann erst mal nicht mehr so gut gelitten bin." Frauen hätten eher die Priorität, beliebt zu sein und in einem harmonischen Umfeld zu arbeiten. "Solche Werte passen nicht zu einem Machtkampf." Trotzdem hätten karrierebewusste Frauen gar keine andere Wahl als mitzukämpfen. Ohne Macht sei im Hinblick auf die Karriere nichts zu machen, sagt Hof-Glatz. Allerdings müsse das ja nicht immer so bleiben. "Wenn sich Frauen einmal durchgesetzt haben, dann haben sie auch die Gestaltungsfreiheit, die Machtkultur zu ändern."