Der Branche geht es gut - Unternehmen planen, weiter Personal einzustellen. Gesucht werden jetzt vor allem Fach- und Führungskräfte. In Forschung und Entwicklung sind die Jobchancen besonders günstig. Auch BWLer und Juristen gefragt.

Während die Weltwirtschaft nach wie vor wie ein Patient mit Fieber im Bett liegt, ist die pharmazeutische Industrie offenbar mit wenigen Schrammen durch die Krise gekommen. Die führenden deutschen Unternehmen dieses Sektors planen angesichts guter Geschäftsaussichten sogar, dieses Jahr neues Personal einzustellen. Gesucht sind vor allem hoch qualifizierte Fach- und Führungskräfte. "Die Zahl der Beschäftigten stieg in den vergangenen Jahren zwar langsam aber kontinuierlich", sagt Norbert Gerbsch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI). So habe die Zahl der Beschäftigten 2002 noch bei etwa 110 000 gelegen - im Jahr 2008 zählte die Branche schon 127 000 Mitarbeiter.

"Gerade jetzt zeigt sich der Wert der sozialen Sicherungssysteme in Westeuropa besonders. Sie schützen den Gesundheitsmarkt wie ein Puffer vor den Folgen der Krise", sagt Gerbsch. So ging das Produktionsvolumen der Pharmaindustrie nach Schätzungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft im zweiten Quartal 2009 nur um 4,5 Prozent zurück - das verarbeitende Gewerbe insgesamt musste dagegen ein Minus von 24 Prozent oder mehr verkraften.

Experten sehen weiterhin ein großes globales Wachstumspotenzial für die Pharmabranche. "Die Menschen sind unabhängig von Krisen krank oder gesund", sagt Gerbsch. Dazu komme der demografische Wandel der Industriegesellschaften mit einem immer höheren Anteil älterer Menschen. Gleichzeitig wächst der Bedarf an medizinischen Produkten in Schwellen- und Entwicklungsländern.

Wer heute beruflich in diese Branche einsteigen möchte, dem stehen viele Wege offen. Vor allem Bio-Studiengänge haben Zukunft: So sind gerade Biochemie, Biotechnologie oder Bioverfahrenstechnik stark im Kommen. Daneben suchen sich zunehmend auch Mediziner Stellen in der Pharmaindustrie. "Generell nimmt daneben die Bedeutung von Bioingenieuren, Zell- und Molekularbiologen weiterhin sehr zu", sagt Gerbsch.

Absolventen mit Abschlüssen entsprechender Studiengängen können unter anderem mit interessanten Jobs in Forschung und Entwicklung (FuE) rechnen. Denn der FuE-Anteil an Personal und Investitionen ist auf diesem Gebiet der Spitzentechnologie im Vergleich zu anderen Zweigen überdurchschnittlich hoch. Hier liegt der Prozentsatz je nach Unternehmen zwischen elf und 19 Prozent. Doch bietet die Zukunftsbranche auch Ein- und Aufstiegschancen für Betriebs- und Volkswirte sowie Juristen. Denn der wirtschaftliche Einsatz von Investitionen in die Entwicklung von Medikamenten und Therapiekonzepten sowie das Vermarkten neuer Produkte erfordert Vorarbeit und Kostenkontrolle. Dazu kommen neben klinischen Tests aufwändige Zulassungsverfahren für den Weltmarkt, juristische Fragen rund um Medikamentensicherheit und Qualitätskontrolle, Schutz vor bisweilen gefährlichen Imitaten oder Patentrechte.

Eine besondere Rolle nehmen in diesem Wirtschaftsgebiet nach wie vor die Pharmazeuten ein. Das Studium gilt zwar als sehr verschult, dafür aber auch als sehr vielfältig und praxisnah. Absolventen schließen das Fach nach wie vor mit einem Staatsexamen ab. Der Numerus Clausus liegt aktuell zwischen 1,5 in Brandenburg und 2,3 in Hamburg.

"Die Studieninhalte sind bereits im Grundstudium sehr breit gefächert", sagt Susanne Alban, Vizepräsidentin der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG). "Dazu gehören Fächer wie Chemie, Biologie und Biochemie, Physik, Anatomie, Krankheits- und Ernährungslehre." Praktika sind Pflicht und geben Einblicke in die beruflichen Möglichkeiten. Im Hauptstudium setzt man Schwerpunkte: Pharmazeutische Biologie und Medizin, biogene Arzneistoffe, Pharmakologie oder pharmazeutische Technologie gehören dazu. "Etwa 85 Prozent der Absolventen arbeiten später als Apotheker", sagt die Kieler Professorin.

Aktuell sind deutschlandweit rund 50 000 Apotheker in 22 000 Apotheken beschäftigt. "Rund zehn Prozent promovieren und um die fünf Prozent arbeiten später im Krankenhaus, in der Industrie, als Forscher oder in der Verwaltung", sagt Susanne Alban. Verblüffend - aber eine Tatsache: Derzeit kennen Pharmazeuten praktisch keine Arbeitslosigkeit.