“Zwitter der Ingenieurswissenschaften“:Lebensmitteltechnologen arbeiten im Labor, in der Produktion und im Anlagenbau.

"Olaf Rauschenbach, Leiter der Qualitätssicherung bei Carlsberg" - wenn der 48-jährige Rauschenbach sich neuen Bekannten vorstellt, leuchten die Augen der Männer. Die Qualität der Markenbiere Holsten, Astra und Lübzer Pilsener zu überwachen, klingt für Laien nach einem Traumjob. Aber nicht nur für die: Der Lebensmitteltechnologe ist selbst mit seiner Karriere rundum zufrieden - auch wenn Bier kosten gar nicht zu seinen Kernaufgaben gehört.

Als oberster Qualitätsmanager ist Rauschenbach für die beiden deutschen Braustätten des dänischen Carlsberg-Konzerns in Hamburg und im mecklenburgischen Lübz verantwortlich. Dort sorgt er beispielsweise dafür, dass die strengen Anforderungen des Lebensmittelhandels umgesetzt und eingehalten werden. Wer für die großen Handelsketten Eigenmarken produzieren will, muss nachweisen, dass er deren detaillierte Vorschriften zur Lebensmittelsicherheit, Produktqualität und Legalität befolgt. Einen Lebensmittelskandal können Aldi, Lidl, Rewe & Co. nicht gebrauchen.

Auch die Organisation und Führung der Labors zählt zu Rauschenbachs Aufgaben, außerdem ist er als Ansprechpartner der Innovationsabteilung in Kopenhagen in viele Projekte eingebunden - zum Beispiel die Abfüllung eines Premium-Biers in PET-Flaschen oder ein neues Brauverfahren für alkoholfreies Bier: "Ich mische auch noch selbst mit bei Produktentwicklungen und verbringe fast täglich ein paar Stunden im Labor", sagt er.

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Ein vielfältiger Job, der vielfältige Qualifikationen erfordert. "Lebensmitteltechnologen sind die Zwitter der Ingenieurswissenschaften", sagt Rauschenbach. Das anspruchsvolle Studium umfasst praktisch sämtliche Natur- und Ingenieurwissenschaften, dazu noch Mathe, Wirtschaft und Spezialfächer wie IT oder Rohstoffkunde. Entsprechend vielseitig sind die beruflichen Einsatzfelder. "Salopp lässt sich Lebensmitteltechnologie definieren als der wissenschaftlich-technische Bereich, der aus einer verschmutzten Kartoffel direkt vom Feld vorgebackene, tiefgefrorene Pommes in der Vakuumverpackung produziert", sagt Jochen Hamatschek, Präsident der Gesellschaft Deutscher Lebensmitteltechnologen GDL.

Jobs für Lebensmitteltechnologen gibt es deshalb entlang der gesamten "Nahrungskette", angefangen von Rohstofflieferanten wie Norevo oder National Starch über Getränke- und Lebensmittelproduzenten wie Carlsberg, Pepsico oder Unilever bis hin zum Lebensmittelhandel oder Prüfunternehmen wie dem TÜV. Auch Pharma- und Kosmetikhersteller wie Beiersdorf beschäftigen interdisziplinäre Profis, die sich sowohl mit Mikroorganismen als auch mit Maschinen auskennen.

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Allerdings: Pro Unternehmen sind in der Regel nur wenige Positionen zu vergeben. Selbst ein Konzern wie Dr. Oetker mit 4200 Mitarbeitern im Inland stellt in Bielefeld jährlich höchstens einen Trainee im Bereich Forschung & Entwicklung ein. Insgesamt gibt es dort rund 30 Positionen in der F-&-E-Abteilung, die auch mit Lebensmitteltechnologen besetzt werden.

Doch auch wenn es sich nicht um einen Massenmarkt handelt, sieht GDL-Präsident Hamatschek die Berufsaussichten positiv: Steigende Anforderung an Qualität oder Haltbarkeit von Lebensmitteln, der Zwang zur kontinuierlichen Entwicklung neuer Produkte und Verpackungen sowie neue Aufgaben in Vertrieb, Prüfung und Beratung steigerten die Nachfrage nach Absolventen.

Die Hochschulen reagieren: Zu den wenigen etablierten Universitätsstudiengängen in Berlin, München (Weihenstephan) und Stuttgart-Hohenheim gesellten sich in den vergangenen Jahren zunehmend Angebote von Fachhochschulen, darunter beispielsweise der 2005 gestartete Master-Studiengang Food Science an der HAW Hamburg.

Die mittlerweile rund 100 Absolventen kommen auf dem Markt gut an: "Viele finden eine Stelle, bevor sie ihr Studium abgeschlossen haben", sagt Studiengangsleiterin Professor Mechthild Busch-Stockfisch. Die Industrie sucht Fachkräfte, die übergreifend denken können und flexibel einsetzbar sind.

Zu denen zählt auch Stephan Thomann. Der 36-jährige promovierte Lebensmitteltechnologe arbeitet bei der Alpenland Maschinenbau GmbH. Das mittelständische Unternehmen entwickelt Anlagen und Spezialmaschinen für Käsereien. Als Leiter der Technologie berät Thomann die Kunden bei der Konzeption der Anlagen und begleitet später auch die Inbetriebnahme.

Sein Job führt ihn oft ins Ausland - zu kleinen Hofkäsereien in Irland oder Südafrika, genauso wie zu großen Lebensmittelkonzernen in der Türkei oder der Ukraine. "Für die Kunden ist es wichtig, dass ich mich nicht nur mit den Maschinen auskenne, sondern auch mit dem Produkt", sagt er. Auch für ihn selbst ist der Käse das i-Tüpfelchen am Job: "Ich esse selbst sehr gerne Käse, das ist ein Produkt, mit dem ich mich gut identifizieren kann."