Berlin. Bislang durften Verbände nicht gegen zugelassene Pestizide klagen – das ist vorbei. Umwelthilfe und Foodwatch nehmen den Kampf auf.

Verbraucherschutzverbände betreten Neuland: Erstmals gehen die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die Verbraucherorganisation Foodwatch gerichtlich gegen die Zulassung bestimmter Pestizide vor. Die DUH reichte formale Widersprüche beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) gegen die Zulassung von fünf Pestizid-Produkten ein. Im Fall der Zurückweisung planen die Verbände eine Klage beim Verwaltungsgericht Braunschweig. „Ziel ist es, dass alle besonders problematischen Pestizide schnell vom Markt in Deutschland verschwinden“, sagte der Bundesgeschäftsführer der DUH, Jürgen Resch.

Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe (DUH).
Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe (DUH). © ep | Christian Ditsch

Möglich wird die Klage durch ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Die Industrie hatte laut Resch durchgesetzt, dass Produktzulassungen nicht gerichtlich überprüft werden dürfen. Dieses Verbot von Verbandsklagen im Umweltrechtsbehelfsgesetz wurde vom EuGH im November im Zusammenhang mit einer DUH-Klage gegen die Zulassung von Dieselfahrzeugen aufgehoben. Verbände dürfen seither gegen alle Typ- und Produktzulassungen mit schädlichen Umweltauswirkungen in allen Industrien vorgehen.

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„Der Zustand unserer Gewässer und Pflanzenwelt ist alarmierend“, so Resch. Laut EU-Angaben sind nur noch 8,1 Prozent der Gewässer in einem guten Zustand, die meisten jedoch durch einen Pestizidcocktail belastet. Wichtig sei es deshalb, den Einfluss der Industrie auf Entscheidungen der Bundesregierung zurückzudrängen, so der DUH-Chef. In der Zukunft müsse verhindert werden, „dass in Hinterzimmern über Zulassungen von Pestiziden entschieden wird“.

Verband fordert kompletten Pestizid-Ausstieg

Konkret geht es um das Produkt Roundup Powerflex von Monsanto Deutschland, welches das umstrittene Unkrautbekämpfungsmittel Glyphosat enthält. Verfahren richten sich auch gegen die Herbizide Gardo Gold der Syngenta AG, Tactic des Chemieunternehmens Adama und Elipris der Corteva GmbH sowie gegen das Insektizid Sherpa Duo.

„Alle Produkte enthalten hoch toxische Wirkstoffe. Diese vergiften Gewässer, töten wichtige Nahrungspflanzen und dadurch Tiere und gelangen über Wasser und Nahrung auch in den menschlichen Körper“, sind Foodwatch und die DUH überzeugt. Teilweise ließen sich diese Stoffe nicht wieder aus der Umwelt entfernen. Foodwatch fordert deshalb einen kompletten Pestizid-Ausstieg.

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Besonders umstritten ist Glyphosat. Die US-Umweltbehörde EPA sowie die Aufsichtsbehörden in der EU und Deutschland meinen, dass von Glyphosat keine Krebsgefahr ausgehe. Die zur Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehörende Internationale Agentur für Krebsforschung hatte 2015 hingegen festgestellt, dass Glyphosat „wahrscheinlich krebserregend bei Menschen“ sei.