Berlin. Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof sucht erneut Rettung in einem Schutzschirm-Insolvenzverfahren.

Galeria Karstadt Kaufhof gerät weiter in Schieflage. Das Aus weiterer Filialen droht. Über 40 der verbliebenen 131 Kaufhäuser sollen schließen. Auch betriebsbedingte Kündigungen wurden angekündigt. Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern sucht nun erneut Rettung in einem Schutzschirmverfahren.

Das teilte am Montag ein Unternehmenssprecher in Essen mit. Galeria-Chef Miguel Müllenbach sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, das Filialnetz müsse im Zuge des Schutzschirmverfahrens „um mindestens ein Drittel reduziert werden“. Betriebsbedingte Kündigungen seien „leider unumgänglich, um in dieser Situation den größeren Teil des Unternehmens zu retten“, sagte Müllenbach.

Der Konzern betreibt mit 17.000 Mitarbeitern im Moment Warenhäuser in 97 deutschen Städten. Aus Konzernkreisen heißt es, dass es derzeit noch keine genauen Zahlen der zu schließenden unprofitablen Filialen und der abzubauenden Stellen gebe.

Galeria Karstadt Kaufhof: Kündigungen und Schließungen stehen bevor

Die Mitarbeitenden müssten sich wohl aber auf heftige Einschnitte einstellen. „Es gibt viele erfolgreiche und erfolgversprechende Standorte und solche, die unter den jetzt geltenden Bedingungen auf absehbare Zeit nicht mehr profitabel zu betreiben sind“, schreibt Müllenbach in einem Brief an die Mitarbeitenden, der der „WAZ“ vorliegt.

Das Sanierungskonzept ist Voraussetzung für das Essener Amtsgericht, das Schutzschirmverfahren für Galeria überhaupt zu ermöglichen. Für maximal drei Monate zahlt dann die Agentur für Arbeit die Gehälter. Galeria wäre vor den Forderungen der Gläubiger geschützt und könnte die Mieten neu verhandeln.

Auf die beantragten Staatskredite will Müllenbach dagegen verzichten. „Ein neuer Kredit hätte uns wegen der Zinsen und Tilgung noch weiter belastet.“ Der Konzern will sich nun offenbar selbst um seine Sicherung kümmern. Helfen sollen dabei auch Investitionen der Eigner.

Galeria Karstadt Kaufhof: Investor im Visier der Staatsanwaltschaft

Es wäre nicht das erste Mal, dass der Tiroler Investor René Benko das Unternehmen rettet: 2015 wagte der Milliardär den Versuch, durch die Fusion von Karstadt mit dem letzten verbliebenen Rivalen Kaufhof eine deutsche Warenhaus AG zu formen. Er scheiterte zunächst, doch Ende 2018 schlug mit dem Zusammenschluss von Karstadt und Kaufhof Benkos große Stunde: Seit Mitte 2019 hat er beim letzten großen deutschen Handelskonzern alleine das Sagen.

Neun Monate, nachdem Benko den Handelsriesen komplett unter seine Kontrolle brachte, durchkreuzte allerdings die Pandemie alle ehrgeizigen Pläne. Benko mied in der aktuellen Krise bisher das Licht der Öffentlichkeit. Forderungen, er solle mit eigenen Mitteln dem taumelnden Riesen unter die Arme greifen, gab es aber bereits mehrmals.

René Benko, Tiroler Unternehmer, soll Galeria Karstadt Kaufhof nun retten
René Benko, Tiroler Unternehmer, soll Galeria Karstadt Kaufhof nun retten © Marcel Kusch/dpa

Doch Benko hat in seiner Heimat Österreich mit anderen Problemen zu kämpfen. Mitte Oktober fand eine Durchsuchung in seiner Signa-Holding statt. Der Staatsanwaltschaft zufolge besteht der Verdacht, dass er einem Spitzenbeamten im Finanzministerium einen Posten bei Signa angeboten haben soll, um eine Steuerprüfung zu beeinflussen.

Außerdem beginnt Anfang November in Wien ein Prozess um angebliche Spenden, in dem Benko und andere wegen Bestechung angeklagt sind. Für Benko gilt im Zusammenhang mit den Finanzvorwürfen und dem Spendenprozess die Unschuldsvermutung. Der Sprecher der Signa-Holding reagierte nicht auf Anfragen der Deutschen Presse-Agentur.

Ukraine-Krieg und Inflation: Galeria Karstadt Kaufhof erneut in Schieflage

Ist der Konzern am Ende doch auf sich selbst gestellt? Es ist bereits das zweite Mal innerhalb von weniger als zwei Jahren, dass der aus dem Zusammenschluss von Karstadt und Kaufhof entstandene Warenhauskonzern den Weg zum Insolvenzgericht antreten muss.

Bereits während des ersten Corona-Lockdowns im April 2020 – kurz nach Benkos Auftritt – hatte das Unternehmen Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. Das Insolvenzverfahren dauerte damals bis Ende September.

Anfang 2021 und Anfang 2022 musste der geschrumpfte Handelsriese angesichts der Pandemie um staatliche Unterstützung bitten. Insgesamt griff der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) dem Traditionsunternehmen in zwei Hilfsaktionen mit 680 Millionen Euro unter die Arme.

Gläubiger verzichteten seinerzeit auf Forderungen in Höhe von rund zwei Milliarden Euro. Dadurch wurde Galeria ein Neustart ermöglicht. Ob und wie das Unternehmen die bereits vom Bund gewährten Staatskredite in Höhe von 680 Millionen Euro zurückzahlen wird, ließ Müllenbach zunächst offen.

Galeria Karstadt Kaufhof: Krise zeichnete sich bereits ab

Schon in den vergangenen Tagen zeichnete sich ab, dass auch dass nicht ausgereicht hat, dem Konzern die nötige Stabilität zu geben, um die durch den Ukraine-Krieg und die Inflation ausgelöste Konsumflaute zu überstehen. In einem Mitarbeiterbrief warnte Müllenbach vor wenigen Wochen, Galeria befinde sich aufgrund der explodierenden Energiepreise und der Konsumflaute „in bedrohlicher Lage“.

Der Gesamtbetriebsrat des Unternehmens konnte daraus bereits Konsequenzen ablesen. „Für uns geht es jetzt darum, möglichst jeden Arbeitsplatz zu erhalten“, sagte Stefanie Nutzenberger vom Verdi-Bundesvorstand. „Die Wut und die Enttäuschung ist groß bei unseren Kolleginnen und Kollegen vor Ort.“

So bleibt es in der Krise Galeria-Chef Müllenbach überlassen, den Mitarbeitern Mut zuzusprechen. In einem Brief an sie versprach er am Montag, der Konzern werde weiter eine wesentliche Funktion für die deutschen Innenstädte wahrnehmen. „Galeria ist zukunftsfähig“, schrieb er darin.

Allein: Der Konzern braucht frisches Geld, um weitermachen zu können. Nach dpa-Informationen sogar mehr als 200 Millionen Euro. (dpa/fmg/mit Frank Meßing)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.