Berlin. Die Mietpreise steigen in Berlin schneller als die Löhne. Aber in einem anderen Teil Deutschlands ist die Spanne noch viel größer.

Bundesweit steigen die Mieten, der Wohnungsmarkt gilt vielerorts als überhitzt. In Berlin sollen Mieten künftig gedeckelt werden, auch in anderen Städten wie München oder Köln drängen Mieterinitiativen darauf, Maßnahmen zu ergreifen, die über die gesetzliche Mietpreisbremse hinausgehen. Doch werden die Wohnkosten bundesweit wirklich immer unerschwinglicher?

Eine Studie des arbeitgebernahen Kölner Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) kommt zu einem anderen Ergebnis: Im Zeitraum von 2014 bis 2018 sind die Bruttolöhne stärker gestiegen als die Neuvertragsmieten, heißt es in der Untersuchung, die unserer Redaktion vorliegt.

Bundesweit gesehen stiegen der Auswertung zufolge die durchschnittlichen Bruttolöhne zwischen 2014 und 2018 um 9,4 Prozent auf 3312 Euro monatlich an. Im gleichen Zeitraum seien die Mieten um 8,5 Prozent auf durchschnittlich 7,44 Euro pro Quadratmeter gestiegen, heißt es in der Studie. „Insgesamt ist das Wohnen zur Miete im Mittel damit relativ gesehen günstiger geworden, die Erschwinglichkeit ist gestiegen“, schreiben die Studienautoren Michael Voigtländer und Pekka Sagner.

Mietpreise in Deutschland: So groß sind die Unterschiede

Allerdings gibt es regional große Unterschiede. In Berlin sind demnach die Mietpreise um 12,9 Prozent gestiegen und liegen damit 1,1 Prozent über der Steigerung der Bruttolöhne. Doch noch deutlicher als in der Hauptstadt fällt der Unterschied in Süddeutschland aus, wo die Wohnkosten gemessen am Lohn immer teurer werden.

Vor allem in München, das laut dem Forschungsinstitut F+B mit 16,23 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2018 ohnehin die bundesweit höchsten Mieten hat, wird Wohnen immer teurer. Die Mieten stiegen in der bayerischen Landeshauptstadt demnach um 8,8 Prozent stärker als die Löhne.

In Ostdeutschland werden Wohnkosten erschwinglicher

Es geht noch extremer: In Kempten im Allgäu sind die Mieten um 33,4 Prozent nach oben geschnellt, die Löhne nur um 10,3 Prozent gewachsen. Mit einer Differenz von 23,1 Prozent hat sich in keiner anderen Stadt und in keinem anderen Landkreis das Wohnen seit 2014 derart verteuert. Ohnehin ist Bayern von hohen Wohnkosten betroffen: Die zehn Landkreise, in denen die Miet- am deutlichsten über der Lohnentwicklung liegt, befinden sich allesamt im Freistaat.

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Ganz anders ist die Situation in Ostdeutschland. Insbesondere in Sachsen steigen die Löhne schneller als die Mieten, die Wohnkosten werden im Schnitt erschwinglicher. Wer im Erzgebirgskreis wohnt, profitiert am meisten von der Entwicklung. Die Löhne stiegen im einwohnerreichsten Landkreis Sachsens um 17,4 Prozent an, die Mieten wuchsen dagegen moderat um 3,5 Prozent.

In Hamburg hat sich das Verhältnis entspannt

Fast im Gleichschritt entwickelten sich Löhne und Mieten im Norden und Westen. Auffällig ist zudem: Nicht alle Großstädte sind von höheren Wohnkosten betroffen. In Stuttgart sind die Mieten um 11,3 Prozent gestiegen, die Lohnentwicklung war mit 11,2 Prozent fast identisch. Und in Hamburg sind die Wohnkosten gemessen am Lohn sogar günstiger geworden: In der Hansestadt stiegen die Löhne um 8,7 Prozent, die Mieten dagegen nur um 3,3 Prozent.

„Das Erfolgsrezept der Hamburger Regierung ist, sich in einer konzertierten Aktion mit allen Bau-Beteiligten für mehr bezahlbaren Wohnraum einzusetzen“, sagte der Präsident des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft, Axel Gedaschko, unserer Redaktion.

Deutscher Mieterbund warnt

In den letzten zwölf Jahren seien in Hamburg über 28.000 Sozialwohnungen geschaffen worden. In Berlin seien es mit unter 13.000 Sozialwohnungen nicht einmal halb so viele gewesen. „Generell herrscht in der Hauptstadt beim Thema Wohnungsbau Mangelverwaltung statt der endlich notwendigen Aufbruchstimmung“, kritisierte Gedaschko.

Der Deutsche Mieterbund (DMB) warnt davor, die Zahlen als Entspannung des Mietmarktes zu deuten. „Die Wohnkostenbelastung in den Städten befindet sich auf Rekordniveau“, sagte DMB-Geschäftsführer Ulrich Ropertz. Eine durchschnittliche Betrachtung der Wohnkosten zeige nicht die ganze Wahrheit: „Vor allem einkommensschwache und ältere Haushalte sind von hohen Mietkosten betroffen“, sagte Ropertz.

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