Berlin. Daimler und BMW machen beim Carsharing gemeinsame Sache und stecken gut eine Milliarde Euro in eine neue Mobilitätsfirma: Share Now.

Der Beweis der neuen Kooperation zwischen den Konkurrenten Daimler und BMW ist schnell erbracht: Lässt sich ein Kunde der Carsharing-Firma Car2Go auf dem Smartphone verfügbare Fahrzeuge anzeigen, tauchen auch die des bisherigen Wettbewerbers Drive Now von BMW auf. Die Töchter nennen sich nun Share Now.

Das Gemeinschaftsunternehmen mit Sitz in Berlin wurde am Freitag vorgestellt. Ähnlich arbeiten künftig 14 bisher eigenständige Marken der Konzerne zusammen. Sie vermitteln Taxis oder stellen Fahrgemeinschaften zusammen, kassieren Parkgebühren, verleihen Elektro-Tretroller oder laden Elektroautos auf. Alles per App.

60 Millionen Kunden sind nach Unternehmensangaben weltweit registriert. „Wir bündeln die Kräfte und investieren mehr als eine Milliarde Euro in einen neuen Player im schnell wachsenden Markt der urbanen Mobilität“, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche.

Die Apps beider Anbieter wurden verbunden

Ein Auto von Drive Now.
Ein Auto von Drive Now. © Drive Now

BMW-Chef Harald Krüger sieht darin einen „zentralen Baustein in unserer Strategie als Mobilitätsanbieter“. Konkret bedeutet dies eine neue Markenfamilie mit fünf Mitgliedern: Share Now fasst die Carsharing-Sparte zusammen, die in 30 Städten auf zwei Kontinenten 20.000 Fahrzeuge auf die Straße bringt, 3200 sind Elektroautos.

Die Apps beider Anbieter wurden verbunden, Nutzer können jeweils alle Fahrzeuge sehen. Fürs Anmieten allerdings müssen sie sich noch beim jeweils anderen Partner registrieren und dessen App herunterladen – bis es eine neue Share-Now-App gibt.

Charge Now betreibt Ladesäulen für Elektromobile, Reach Now bietet eine App, über die Nutzer sich Transportmittel vom Fahrrad über den Mietwagen bis hin zum Nahverkehr zusammenstellen können. Park Now reserviert Parkplätze und rechnet die Gebühren etwa in Parkhäusern bargeldlos ab. Free Now schließlich verschafft den Kunden ein Taxi, einen Fahrer mit Mietwagen oder einen Elektro-Tretroller.

Die Konzerne hoffen auf eine Spitzenstellung

Zetsche und Krüger erhoffen sich vor allem ein schnelles Wachstum. Der Markt für Mobilitätsdienste werde in den nächsten drei oder vier Jahren verteilt, glaubt Zetsche. Eine Milliarde Euro wollen die beiden Konzerne für eine Spitzenstellung unter den Anbietern ausgeben.

Weltweit betrachtet gehören sie noch zu den Randgestalten der Branche. Die US-Firmen Uber und Lyft oder Didi aus China spielen in einer weit höheren Liga, sowohl finanziell als auch bei der Kundenzahl. Doch zumindest in Europa und Lateinamerika erhoffen sich die Deutschen gute Geschäfte.

Mit der Kooperation reagieren die beiden Hersteller von Luxusautos auch auf veränderte Marktbedingungen. Viele Städte leiden unter einem Verkehrschaos und möchten den Autoverkehr reduzieren. Junge Leute verzichten zunehmend auf ein eigenes Auto und nutzen Carsharing-Angebote.

Aus Konkurrenten ist jetzt ein Gemeinschaftsunternehmen geworden.
Aus Konkurrenten ist jetzt ein Gemeinschaftsunternehmen geworden. © imago | imago stock&people

Aufbruch ins Digitalzeitalter

Die Entwicklung selbstfahrender Autos erfordert eher eine intelligente Software als die Kenntnisse des reinen Autobaus. Branchen­experte Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisburg lobt den Aufbruch ins Digitalzeitalter. „Es ist wie bei Google, der einzigen Suchmaschine“, sagt er, „arbeitet man nicht zusammen, verliert man gegen Uber und Didi.“

Unverständlich ist ihm, warum Volkswagen als dritter deutscher Autoriese eigene Mobilitätsdienste etablieren will.

Offen ist die Frage, ob sich die Hoffnung auf kräftige Gewinne erfüllt. Krüger und Zetsche blieben hinsichtlich der geschäftlichen Ziele wortkarg. Das mag auch an fehlenden Informationen liegen.

Erst seit drei Wochen dürfen die Beschäftigen beider Partner offiziell miteinander reden. Die Business-Pläne sollen erst in drei bis vier Monaten vorliegen.