Brünn. Tschechische Supermärkte müssen unverkäufliche Lebensmittel kostenlos abgeben. Ziel ist es, Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.

In Deutschland landen unverkaufte Lebensmittel der großen Supermärkte meist im Müll. Im Nachbarland Tschechien ist das anders. Dort verpflichtet ein Gesetz die großen Supermärkte, ihre Lebensmittel kostenfrei an Hilfsorganisationen zu spenden. Das wird auch in Zukunft so bleiben, entschied das tschechische Verfassungsgericht und bestätigte am Mittwoch die Rechtmäßigkeit des Gesetzes.

Klage wegen kommunistischer Praktiken

25 tschechischen Senatsabgeordneten stieß das Gesetz übel auf – sie klagten gegen die Regelung, da sie einen einem unzulässigen Eingriff in die Eigentumsrechte und eine Rückkehr zu kommunistischen Praktiken ausmachten. Ihre Klage vor dem Verfassungsgericht in Brünn (Brno) endete ohne Erfolg.

Stattdessen bestätigte das Gericht das Gesetz. Als Begründung für die Entscheidung verwiesen die Richter auf die tschechische Grundrechte-Charta, in der es heißt, dass Eigentum verpflichte. Laut einer Gerichtssprecherin sei es das Ziel der Abgabepflicht, die „schwerwiegenden Fragen der Lebensmittelverschwendung“ zu lösen.

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Bei Nicht-Abgabe droht hohe Geldstrafe

Betroffen sind von dem Gesetz ausschließlich Lebensmittelgeschäfte mit einer Verkaufsfläche von mehr als 400 Quadratmetern. Das trifft in Tschechien beispielsweise die größten Supermarktketten wie Kaufland, Ahold, Tesco, Lidl und Penny.

Wer sich nicht an die Abgabepflicht hält, muss mit einer saftigen Strafe rechnen: Bis zu umgerechnet 390.000 Euro können fällig werden.

Auch in Frankreich besteht ein Abgabezwang

Tschechien ist mit der Verpflichtung zur Lebensmittelabgabe nicht alleine. In Frankreich gibt es bereits seit 2016 ein entsprechendes Gesetz, das Supermärkte verpflichtet, Lebensmittel an Hilfsorganisationen zu spenden.

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    Der Franzose Tristram Stuart hatte zudem eine Online-Petition gestartet, in der er für eine europäische Lösung gegen Lebensmittelverschwendung eintrat. Knapp eineinhalb Millionen Menschen haben die Petition bereits unterzeichnet.

    Die EU schrieb in einer Antwort auf die Petition, dass es zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen „Maßnahmen auf allen Ebenen sowie die Beteiligung aller Schlüsselakteure in der Lebensmittelwertschöpfungskette“ benötige.

    In Deutschland sind Spenden steuerlich absetzbar

    Ein Gesetz, das deutsche Supermärkte zu einer Abgabe verpflichtet, existiert nicht. Dennoch kann es sich auch für deutsche Unternehmen lohnen, ihre Lebensmittelreste zu spenden. Die Tafeln können Spendenbescheinigungen ausstellen, welche die Supermarktketten wiederum über ihre Steuer abrechnen können. Außerdem würden sie sich Entsorgungskosten sparen.

    Laut einer Studie der Umweltschutzorganisation WWF aus dem Jahr 2015 landen in Deutschland jährlich 18 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll. Rund die Hälfte dieser Abfälle seien vermeidbar, heißt es in der Studie. Zu 60 Prozent seien gewerbliche Lebensmittelnutzer wie Supermärkte für die Entsorgung verantwortlich.

    (tki/dpa)