Köln. Die Polizei hatte eine Großkundgebung am Hambacher Forst untersagt. Ein Gericht entschied: Die Demonstration darf nun doch stattfinden.
Erfolg für die Braunkohlegegner am Hambacher Forst: Die für diesen Samstag geplante Großdemonstration darf stattfinden. Das Verwaltungsgericht Aachen hat ein von der Polizei erlassenes Verbot am Freitag gekippt. Die Polizei kündigte an, die Entscheidung zu akzeptieren und nicht vor das Oberverwaltungsgericht in Münster zu ziehen.
Zuvor hatte die Aachener Polizei die Großkundgebung, die unter dem Motto „Wald retten! Kohle stoppen!“ starten soll, untersagt. Die Sicherheitsbehörden sähen erhebliche Gefahren, begründete die Polizei am Donnerstagabend. Die Versammlungsfläche habe sich in den vergangenen Tagen immer wieder geändert, weil sich keiner der privaten Grundstückseigentümer bereit erklärte, eine Fläche zur Verfügung zu stellen. Damit konnte auch die erforderliche Sicherheitskonzeption nicht zeitgerecht erstellt werden. Die Veranstalter erwarteten zur Demo 20.000 Teilnehmer.
Rodung wohl nicht mehr vor Herbst 2019 möglich
Für die Braunkohlegegner ist die Aufhebung des Verbots ein doppelter Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte am Freitagvormittag bereits einen Rodungsstopp im Hambacher Forst verfügt und waren damit dem Antrag des Umweltverbandes BUND nachgekommen. Der RWE kritisierte am Nachmittag die Entscheidung. Der Energiekonzern fürchtet erhebliche finanzielle Schäden. Man gehe davon aus, dass der vorläufige Stopp einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag nach sich ziehen werde, hieß es.
Dass liegt auch daran, dass die Gerichtsverfügung die Rodung massiv verzögern wird, so sie stattfindet. Nach Informationen des „Spiegels“ rechnen Beteiligte mit dem Urteil „aufgrund der Komplexität der Rechtsfragen nicht vor Frühjahr 2019“. Geredet werden darf grundsätzlich nur von Oktober bis März, vor Oktober 2019 könnte als nichts passieren.
„Unbequeme Wahrheit“, dass Deutschland noch Kohle brauche
Im Streit um die Rodung des Hambacher Forstes hatte der RWE-Vorstand Frank Weigand zuvor anerkannt: „Im Moment wird ein Symbol“ aufgebaut. Im ARD-„Morgenmagazin“ fügte der RWE-Power-Chef allerdings auch hinzu: Symbole würden keinen Strom liefern.
Spätestens seit den Protestaktionen von Umweltschützern in dem Wald am Rande des Tagebaus Hambach in Nordrhein-Westfalen ist eine Debatte über die Stromgewinnung durch Braunkohle in Deutschland entbrannt.
Es sei für manche eine „unbequeme Wahrheit“, dass Deutschland derzeit noch zu knapp 50 Prozent von Strom aus Kohle und Atomenergie abhängig sei, sagte der RWE-Vorstand nun. „Wir steigen aus der Kernenergie aus, deswegen werden wir noch lange Zeit auf Braunkohle angewiesen sein“. Es brauche noch Zeit, bis die erneuerbaren Energien komplett die Versorgung übernehmen könnten.
Aktivisten haben Großdemo angekündigt
Insgesamt umfasst der Tagebau Hambach im Kreis Düren ein 85 Quadratkilometer großes Abbaufeld. Bis 2040 plant RWE dort den Abbau von insgesamt 2,4 Milliarden Tonnen Braunkohle. Die mit Besetzungen verbundenen Proteste gegen die Abholzung eines derzeit noch verbliebenen Waldstücks gelten als Sinnbild für den Widerstand gegen den Kohle-Abbau in Deutschland.
Am 19. September war im Hambacher Forst ein junger Blogger ums Leben gekommen. Er stürzte bei Filmaufnahmen von der Räumung eines nahe gelegenen Baumhauses von einer 15 Meter hohen Hängebrücke. Immer wieder war es auch zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten, Sicherheitsleuten und der Polizei gekommen.
Am Samstag wollen Umweltschützer erneut vor Ort protestieren.
Hambacher Forst: Kampf um die Rodung
(epd/ac)