Kerpen. Die Räumung im Hambacher Forst ging am Dienstag weiter. Dabei musste auch die Gedenkstätte für den toten Journalisten Platz machen.

Nach einer ruhigen Nacht ist die Räumung im Hambacher Forst weitergegangen. Dafür suchten sich die Behörden eine symbolträchtige Stelle aus. Sie ordneten am Dienstag an, die Gedenkstätte für den abgestürzten 27-jährigen Blogger zu entfernen. Im Umfeld des Gedenkortes müssten Arbeiten ausgeführt werden, teilte die Polizei am Dienstag mit.

Die Aktivisten sollten die Gedenkstelle deshalb selbst abbauen – sonst würden dies die Einsatzkräfte übernehmen. „Nach Abschluss der Maßnahmen kann sie am Ursprungsort wieder errichtet werden“, schrieb die Polizei bei Twitter.

Hambacher Forst: Polizei hilft Aktivisten beim Räumen

Die Räumung der Gedenkstätte für den tödlich verunglücken Journalisten lief ruhig und friedlich ab, wie ein dpa-Reporter berichtete. Eine kleine Gruppe von Aktivisten habe nach einer Schweigeminute die Kerzen ausgepustet und Blumen und Fotos in bereitgestellte Kisten gepackt. Die Polizei half ihnen dabei.

Nach Abschluss der Arbeiten könne die Gedenkstätte wieder am Unglücksort aufgebaut werden, versprach die Polizei. Auf Twitter äußerten sich Vertreter von „Ende Gelände“ zur Räumung der Gedenkstätte dennoch enttäuscht: „Wir sind sprachlos, fassungslos, wütend.“

Der 27-Jährige war am vergangenen Mittwoch in dem von Aktivisten besetzt gehaltenen Waldgebiet

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die zwischen zwei Baumhäusern gespannt war. Er starb noch am Unglücksort.

(Anm. d. Red.: In einer früheren Fassung dieses Artikels haben wir leider einen Polizeisprecher aus dem Kontext gerissen zitiert. Im Anschluss an den oberen Absatz hieß es: „,Er war wohl zu schnell eine Leiter hochgeklettert und dann abgerutscht. Von uns helfen lassen wollte er sich anschließend nicht’, sagte ein Polizeisprecher.“ Diese Aussage bezog sich aber auf einen anderen Vorfall. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.)

Die Landesregierung stoppte daraufhin die bis dahin laufende Räumung der Baumhütten im Wald, Aktivisten errichteten die Gedenkstätte.

Aktivisten legen Internetseite von RWE lahm

Am Montagabend war bekannt geworden,

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Eine Flut gesteuerter Anfragen reduzierte die Leistungsfähigkeit des Servers. „In der Folge war die Website zeitweise nur schwer oder mancherorts gar nicht erreichbar“, erklärte der RWE-Sprecher.

Eines Gutachtens der Umweltorganisation Greenpeace zufolge ist die geplante Rodung kurzfristig nicht nötig, um den Abbaubetrieb aufrecht zu erhalten. Mit einer Rodung würde der Tagebaubetreiber RWE daher möglicherweise gegen geltendes Recht verstoßen, erklärte die von Greenpeace beauftragte Rechtsanwältin Cornelia Ziehm am Montag in Berlin.

Laut den rechtlichen Bestimmungen sei eine Rodung nämlich nur erlaubt, sobald sie für den Betrieb „unerlässlich“ sei.Greenpeace beruft sich bei seiner Einschätzung auf eine bergbauliche Analyse des unabhängigen Beratungsunternehmens Plejades, die am Montag in Berlin vorgestellt wurde.

Danach könnte der Tagebau – anders als von RWE dargestellt – noch bis Herbst 2019 weiterbetrieben werden, ohne das angrenzende Waldgebiet zu roden, heißt es in der Stellungnahme. Dazu müsste RWE beispielsweise die Abbaukante des Tagebaus näher an das Waldgebiet heranführen.

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    Gutachten: Rodung könnte auf Herbst 2019 verschoben werden

    Dazu müsste RWE den Abstand zwischen Waldgebiet und Tagebaukante reduzieren sowie auf der zweiten Sohle deutlich näher an die erste heranbaggern, wodurch die Tagebaukante länger bestehen bleiben könnte.

    Zudem müsste verstärkt im nordöstlichen Teil des Tagebaus gegraben werden. Mit einer Kombination dieser drei Maßnahmen würde RWE genug Zeit gewinnen, um die Rodung im Hambacher Wald auf den Herbst 2019 zu verschieben, heißt es.

    Ein Bagger der RWE verteilt Sand auf einem Weg im Hambacher Forst.
    Ein Bagger der RWE verteilt Sand auf einem Weg im Hambacher Forst. © dpa | Henning Kaiser

    RWE hatte diese Einschätzung in der Vergangenheit bereits mehrfach als falsch zurückgewiesen. Mit steileren Böschungen das Abbaugebiet näher an die Waldgrenze heranzurücken, gefährde die Standsicherheit.

    Es sei auch unmöglich, um das Waldgebiet herum zu baggern. Aus Sicht von RWE ist die Rodung kurzfristig unerlässlich, um den Tagebau und damit die Stromproduktion aufrechtzuerhalten. Der Zeitplan sei schon jetzt „äußerst ambitioniert“ und alle Zeitpuffer aufgebraucht, hatte RWE Mitte August in einem Brief an die Bundeskommission zur Zukunft der Braunkohle geschrieben.

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    RWE widerspricht sich

    Ziehm wies dagegen darauf hin, dass RWE selbst in einer Pressemitteilung vom 11. September eingeräumt hatte, dass eine „betriebliche Notwendigkeit“ zu roden erst ab dem 15. Dezember bestehe.

    Zwar verfüge RWE über die grundsätzliche Befugnis durch die zuständige Bezirksregierung Arnsberg, den jahrhundertealten Forst zu roden. Daraus könne aber nicht das Recht abgeleitet werden, dies in jedem Umfang und zu jederzeit zu tun.

    Eine Timelapse von Google zeigt, wie viel der Hambacher Forst von seiner ursprünglichen Größe verloren hat.

    Darüber hinaus gebe die bergbauliche Analyse „mindestens Anhaltspunkte“ dafür, dass die rechtlichen Voraussetzungen auch bis Ende Februar nicht erfüllt seien. Mit dem Brief habe RWE die Kommission deshalb „bewusst belogen“.

    „Wenn RWE die Kettensägen in den Wald schickt, bevor alle betrieblichen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, torpediert der Konzern die Arbeit der Kommission“, erklärte der Greenpeace-Energieexperte Karsten Smid.

    Aus der Luft: Der Hambacher Forst
    Aus der Luft: Der Hambacher Forst © dpa | Federico Gambarini

    Steuerzahler muss unter Umständen für Schäden aufkommen

    Unterdessen warnten der Bund für Umwelt und Naturschutz und die Klima-Allianz Deutschland vor den Folgeschäden des Braunkohleabbaus. Das Risiko, dass die Steuerzahler für die Schäden aufkommen müssen, sei gestiegen, hieß es.

    Als Grund nenne eine neue Studie des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft im Auftrag der beiden Umweltverbände die jüngsten Konzernumstrukturierungen bei RWE, Leag und Mibrag.

    Bisher hätten Bundes- und Landesregierungen versäumt, die Rekultivierung und Ewigkeitsschäden der Tagebaue finanziell abzusichern.

    Die vollständige Beseitigung der Bergbau-Folgeschäden verursache Kosten in zweistelliger Milliardenhöhe und werde mehrere hundert Jahre in Anspruch nehmen. Die Studienautoren empfehlen, die Gelder für die Tagebauschäden zeitnah in einen öffentlich-rechtlichen Fonds zu überführen und die Haftung der Energiekonzerne per Nachhaftungsgesetz sicherstellen. (dpa/epd)