Frankfurt/Main. Der Versicherungskonzern Allianz muss seine Abläufe dringend modernisieren – mit weitreichenden Folgen für seine Beschäftigten.

Diese Meldung rüttelte die Versicherungsbranche auf: Am Dienstag stellte die Allianz ein neues Konzept einer Lebensversicherung vor, das vor allem junge Menschen wieder für die Altersvorsorge begeistern soll. Kunden können flexibel Beiträge ein- und ausbezahlen, wie bei einem Sparbuch. Das alles läuft digital ab, eine Zinsgarantie – wie das bei der klassischen Lebensversicherung der Fall war – gibt es jedoch nicht mehr.

Immer wieder hatte Allianz-Chef Oliver Bäte in der Vergangenheit bekräftigt, die Lebensversicherung müsse den aktuellen Bedingungen angepasst werden. Die alten Zinsgarantiemodelle passten nicht mehr – wegen der niedrigen Zinsen. Ein Problem, das die gesamte Branche hat.

Der operative Gewinn stieg auf drei Milliarden Euro

Offenbar hat es die Allianz geschafft, mehr Policen mit flexiblen Zinsen zu verkaufen, das geht nun aus den Ergebnissen für das zweite Quartal hervor. Sie zeigen auch: Trotz der Schwierigkeiten im Bereich der Lebensversicherungen steht die Allianz gut da. Der operative Gewinn stieg um rund zwei Prozent auf drei Milliarden Euro.

Zwar gab es einige Großschäden und Unwetter, die sich im Schaden- und Unfallgeschäft bemerkbar machten. Die Kosten aber sanken. Ein Ziel, dass sich die Allianz für den gesamten Konzern gesetzt hat. Zudem konnte die Vermögensverwaltung den Rückgang in der Versicherungssparte mehr als ausgleichen: Die Töchter Pimco und Allianz Global Investors verdienten zwölf Prozent mehr.

Konzernchef Bäte sieht sich damit auf Kurs. Bisher hat er als Ziel ausgegeben, im laufenden Jahr einen operativen Gewinn zwischen 10,6 und 11,6 Milliarden Euro zu erreichen nach 11,1 Milliarden Euro 2017.

Wie weit ist die „Erneuerungsagenda“ gediehen?

Wie weit der Konzern allerdings bei der Umsetzung der angekündigten „Erneuerungsagenda“ ist, dazu äußerte sich Oliver Bäte am Freitag nicht. Die Allianz soll schlanker werden, Kosten sollen sinken, die Digitalisierung soll vorangetrieben werden. Das soll offenbar ohne einen allzu deutlichen Jobabbau geschehen.

Entsprechende Meldungen des „Manager Magazins“ vor einigen Wochen, wonach in Deutschland mindestens 5000 von 26.000 Stellen gestrichen werden sollen, kommentierte ein Unternehmenssprecher mit: „völlig aus der Luft gegriffen“. Dennoch, ganz ohne Folgen für die Belegschaft bleibt die Digitalisierung wohl nicht.

„Das kann zur Folge haben, dass Mitarbeiter in bestimmten Feldern überflüssig werden“, erklärt Philipp Häßler, Analyst der Equinet-Bank. Es könnten auch Strukturen gestrafft und somit weniger Führungskräfte benötigt werden. „Das kann zu Unstimmigkeiten und Unzufriedenheit einzelner Mitarbeiter führen“, erklärt der Analyst. Der Schritt aber sei richtig. „Wenn die Versicherungen wie auch die Banken den verschlafen, dann verlieren sie Kunden an die kleinen agilen Wettbewerber“, so Häßler.

Bäte hat sich zunächst die Sparte Sachversicherung vorgenommen. Deren Produkte seien „zu komplex“, sagte er auf der Hauptversammlung im Mai. Gleichzeitig sind sie für den Konzern besonders wichtig, weil sie mit 1,3 Milliarden Euro fast die Hälfte zum operativen Gewinn beisteuern.

Auf Sicht von zehn Jahren dürften in diesem Bereich allerdings weniger Mitarbeiter benötigt werden als bisher. „Die Abwicklung wird automatisiert“, erklärt Analyst Häßler. Das könnte dann so aussehen: Meldet ein Kunde einen Schaden, so kann er diesen mit dem Handy fotografieren und das Foto anschließend an die Versicherung senden. „Das ist schneller und günstiger als bisher.“

Für die Allianz ist das auch wichtig, weil sie in Konkurrenz zu den kleinen Finanztechnologieunternehmen steht – und andererseits zu den großen Software-Riesen im Silicon Valley.